Wird die Krim-Krise zu einer Art Kubakrise?

Es geht rund in der Leserschaft der FR. Da brechen Gräben auf beim Thema Ukraine, Krim und Putin, und ich bin erstaunt darüber, wie viel Sympathie der russische Autokrat genießt. Wie kann das sein? Das Putin’sche Russland ist kein Rechtsstaat (mehr). Es diskriminiert Minderheiten und unterdrückt politisch Andersdenkende. Man kann in diesem Russland nicht frei seine Meinung sagen. Auch andere Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit sind eingeschränkt. Es gibt kaum noch freie Presse. Mich würde es nicht wundern, wenn Putin den nationalen Überschwang, der zurzeit in Russland herrscht, dazu nutzen würde, Teile der Verfassung zu ändern und beispielsweise den Passus entfernen zu lassen, der für den Präsidenten lediglich zwei Amtsperioden nacheinander zulässt. Dann könnte Putin sich krönen lassen. All das spielt  für die linken Demokraten in der FR-Leserschaft keine Rolle mehr? Ich mag es kaum glauben. Liebe Leute, bei aller Kritik – überdenkt mal Euer Russland-Bild.

Natürlich, Putin ist ein Fuchs, und wie er die Ukraine und den Westen in Sachen Krim vorgeführt hat, nötigt auch mir Hochachtung ab. Das war ein Meisterstück – gemessen am 18. Jahrhundert. Die Schattenseiten der Revolution in Kiew in einer Weise herauszukehren, dass sich damit die Notwendigkeit begründen ließ, den Schutz der Russen auf der Krim zu gewährleisten, und zugleich nicht nur zu reden, sondern schon mal Truppen vorzuschicken, die ganz schnell Fakten schufen – das ließ den Westen unendlich blöd aussehen. Gegen solche Chuzpe ist kein diplomatisches Kraut gewachsen. Eine solche Annexion von Territorium eines anderen Staates – eines Staates zudem, für den die USA, Großbritannien und Frankreich vor 20 Jahren eine Bestandsgarantie abgegeben haben – hat es in Europa seit vielen Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Da fällt mir eigentlich nur die Annexion des Sudetenlandes durch Nazideutschland ein.

Putin konnte natürlich davon ausgehen, dass der Westen nicht mit militärischen Mitteln antworten würde. Die EU sprach wie immer mit zu vielen Stimmen, und die wichtigste Nato-Macht, die USA, ist militärisch zurzeit an zu vielen Orten aktiv, hat aber dennoch ihren modernsten Flugzeugträger, die George H. W. Bush, in die Nähe des Krisengebiets entsandt; der Flugzeugträger ankert seit dem 4. März mit seinen bis zu 85 Flugzeugen vor Piräus, und seine Begleitflotte inklusive zweier Atom-U-Boote dürfte nicht weit sein. Die Krim ist von Athen aus eine Flugstunde entfernt – eine klare Drohung der Amerikaner. Ebenfalls am 4. März hat Russland Interkontinentalraketen getestet. Man reibt sich die Augen: Geschichte wiederholt sich doch. Wird die Krim-Krise zu einer Art Kubakrise?

Es spielt mittlerweile ja fast schon keine Rolle mehr, aber ich möchte noch einmal daran erinnern, was der Ausgangspunkt dieser sich zuspitzenden Entwicklung war: Die ukrainischen Nationalisten und Rechtsextremen, die auf dem Maidan kräftig mitgemischt haben und auch in der Übergangsregierung eine Rolle spielen, wollten Russisch als zweite Amtssprache der Ukraine verbieten. Ein entsprechendes Gesetz wurde vom ukrainischen Übergangspräsidenten jedoch nicht unterzeichnet. Diese antirussische Vorgehensweise war es, die Putin die propagandistischen Mittel gegeben hat, die Krim zu annektieren. Diese Fehler lassen sich nicht mehr rückgängig machen, aber es steht zu hoffen, dass die Radikalen bei den freien Wahlen, die nun anstehen, dafür die Quittung vom Wähler bekommen.

Auch die Annexion der Krim wird nicht mehr rückgängig zu machen sein; Putin wird sie nicht wieder hergeben. Dennoch: Natürlich darf es deswegen keinen Krieg geben. Der Westen wird diese ungeheuerliche Entwicklung hinnehmen müssen. Dazu darf sie sich allerdings nicht weiter zuspitzen. Es gab gestern gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen russischem und ukrainischem Militär, bei denen ein Soldat starb – vermutlich ein ukrainischer. Jedenfalls behaupten das viele Politiker in Kiew und sehen sich von jetzt an im Krieg mit Russland. Dahinter steht die Angst vieler Ukrainer, dass Putin – mit demselben „Recht“, mit dem er sich die Krim geholt hat: Schutz der dort lebenden Russen – Interesse an weiteren Teilen des ukrainischen Staatsgebietes haben könnte. Er hat das dementiert, doch er hat in letzter Zeit so viel gelogen, dass er meines Erachtens sämtliches Vertrauen in seine Glaubwürdigkeit verspielt hat.

Dies ist es auch, was es schwierig machen wird, die diplomatischen Kanäle wieder flottzukriegen. Daher sollte man jetzt aufhören, Vorwürfe zu machen. Ja, Putin hat das Völkerrecht gebrochen. Das haben wir Deutschen auch schon getan (Kosovokrieg), und die USA tun es fortwährend. Diese Debatte interessiert die sogenannten Realpolitiker nicht. Jetzt muss es darum gehen, Putin einzudämmen. Und dazu müssen wir in allererster Linie zu verstehen versuchen, wie es überhaupt zu dieser Entwicklung kommen konnte, und müssen begreifen, dass USA und Nato daran nicht unschuldig waren. Unterschwellig scheinen Denkweisen des Kalten Krieges nämlich auch nach dem Zusammenbruch der UdSSR weiter gewirkt zu haben: Russland wurde nur ausnahmsweise als Partner angesehen. Deutschland hat das noch am ehesten hinbekommen, mit dem Ergebnis, dass das Verhältnis zu unseren polnischen Nachbarn schwieriger wurde. Das Putin’sche Russland als Partner zu akzeptieren, als habe es den Gewaltakt auf der Krim nicht gegeben, das wird jetzt die größte Herausforderung sein. Doch daran führt kein Weg vorbei; da hat FR-Kommentator Viktor Funk mit seinem Leitartikel völlig recht.

Regina Neumann aus Marburg meint:

„Wenn ich es richtig sehe, ist die Krim in einem dubiosen Akt, der wohl nicht völkerrechtlichen Standards entsprach, der Ukraine geschenkt worden, ohne dass die Bevölkerung gefragt wurde. (Stellen wir uns nur mal vor, Adenauer hätte sich durchgesetzt und das Saarland zur selben Zeit bei Frankreich gelassen. Da wurde aber die Bevölkerung gefragt, und die wollte nicht. Interessante Parallele!) Wäre es da nicht Problem lösend, wenn dieser völkerrechtswidrige Akt rückgängig gemacht würde? Damit wäre wohl allen geholfen“

Thomas Ewald-Wehner aus Nidderau:

„Viel Heuchelei und Doppelmoral auch in der Frankfurter Rundschau, wenn es um die Einordnung der „Krim-Krise“ geht. Da wird nicht nur an alte Feindbilder angeknüpft. Russland wird grafisch „rot“ dargestellt. Putin (angeblich!?) ein Schläger (in jungen Jahren) soll suggerieren, dass er auch heute nur primitiven (sprich militärischen) Lösungen zuneigt. Herrschaft der „Oligarchen“ dort, „Demokratie“ bei uns. Oligarchie bedeutet die Herrschaft einer Gruppe der Reichsten? Gibt es bei uns keine „Oligarchisierung“ der Politik? Demonstrationsrecht (Hamburger und Frankfurter Polizeikessel)!? Wie kommen unsere Milliardäre zu ihrem Vermögen; durch ehrliche Arbeit und welchen Einfluss haben sie in der westlichen Hemisphäre auf die Politik?
Bitte klären Sie die wirklich wichtigen Fragen: Wer finanzierte den Maidan über Monate und welchen Interessen war das geschuldet? Wer waren die (Scharf-)Schützen, die tödliche Schüsse auf die Demonstranten des Maidan abgaben? Faschisten und Rechtspopulisten in der provisorischen Regierung der Ukraine – nur Putin-Propaganda, die die hiesige Linke gerne ungeprüft übernimmt? Welche (westlichen?) Interessengruppen heizen den Konflikt und aus welchen Gründen an? Haben wir einen (neuen?) Imperialismus, der vor Kriegen auch in Europa nicht mehr zurückschreckt (die Welt ist mit Blick auf die ökonomische Ausbeutbarkeit verteilt!)? Warum dominiert medial die Unvernunft?
Wer profitiert von der weltweiten Unsicherheit? Ist es der militärindustrielle Komplex, der unter diesen Bedingungen beste Geschäfte tätigt? Warum werden immer neue Konflikte in der globalisierten Welt angezettelt? Immer neue „westliche“ Kriegseinsätze (unter Verletzung des Völkerrechts und Verfassungen?) ohne das substanziell Probleme gelöst wurden!? – Syrien, Libyen, Irak, Afghanistan etc. alles durch „westliche“ Interventionen („Krieg“!?) destabilisierte „Nichtstaaten“ mit Menschen, die dort ein elendes Leben haben (Hunger, Tod, Traumatisierung etc.)? Auffällig, dass es hier immer um Öl und dem Öl nahegelegene Länder geht. Der Iran sei jetzt nur genannt.
Warum gibt es keine politischen Angebote, die auf die berechtigten Sicherheitsinteressen Russlands eingeht? Warum wird jetzt eskaliert mit Sanktionen, die wirtschaftlich ausschließlich von den „kleinen Leuten“ hier und dort getragen werden müssen? Warum ist trotz großer wirtschaftlicher Vernetzung/Abhängigkeit kein tragbares Konzept in Sicht, das Europa Sicherheit gibt? Warum taucht das Wort „Friedenssicherung“ in den veröffentlichten Medien nicht einmal auf? Allgemeine und kontrollierte Abrüstung, wirtschaftliche Entwicklung weltweit durch Forcierung der Entwicklungshilfe und vorab Abbau von Feindbildern, um den Kriegsprofiteuren in den Arm zu fallen; das scheint mir jetzt wichtig. Und natürlich: Eine vorurteilsfreie und an der Vernunft orientierte Berichterstattung in der Frankfurter Rundschau. Wo sind die gehaltvollen Entwürfe unserer Friedensforscher? Geben Sie Egon Bahr Platz im redaktionellen Teil der FR.“

Klaus Schikorski aus Friedrichsthal:

„Bei all dem raffinierten und hochintelligenten Poker- und Schachspiel, das Herr Putin betreibt – zum Beispiel jetzt Test einer ballistischen Interkontinental-Rakete –, sollte er doch eines bedenken: Auch Russland ist nicht autark. Auch Russland ist im Zeichen der Globalisierung der ganzen Welt auf Handel und Austausch mit der ganzen Welt angewiesen. Was würde der russischen Bevölkerung ein total zerstörtes Europa oder zerstörtes Nordamerika nützen? Antwort: Das würde Russland nur schaden für alle Zeiten.
Am Morgen des 2. September 1945 nach der Unterzeichnung der japanischen Kapitulation auf der USS Missouri in der Sagami Bucht bei Tokio hielt der Supreme Commander for the Allied Powers, General Douglas McArthur, eine sehr bemerkenswerte Rede, die bis heute nichts von ihrer Aktuatlität eingebüßt hat. Er sagte:
„Es ist meine ernste Hoffnung und die Hoffnung der Menschheit, dass nun eine bessere Welt entsteht – eine Welt, die sich auf Glaube und Verständnis gründet und der Würde des Menschen verpflichtet ist. Ich bin der Überzeugung, dass der Krieg weltweit geächtet werden muss, anderenfalls droht die Menschheit in einem endgültigen Armageddon unterzugehen.“
Dieser siegreiche General kostete im Zeitpunkt des Sieges der USA und zugleich im Zeitpunkt der Kapitulation Japans seinen Sieg eben nicht triumphal aus, sondern sagte Worte der Demut, des Verständnisses und der Menschlichkeit. Alle am Konflikt um die Ukraine Beteiligten könnten und sollten noch heute diese Worte beachten.“

Wolfgang Lackinger aus Frankfurt

„Die Linke offenbart schon ein sonderbares Geschichtsverständnis, wenn sie Putins geplante Wiedereingliederung der Krim in Russland mit dem ebenfalls völkerrechtswidrigen Eingreifen der Nato im Kosovokrieg zu rechtfertigen versucht. Für einen ideologisch unbelasteten Betrachter des Krim-Konfliktes stellen sich aber unwillkürlich Analogien zur „Wiedereingliederung“ des Sudetenlandes an Hitler-Deutschland her, leider durch das Münchner Abkommen 1938 von Briten und Franzosen gebilligt. Dies war jedoch der Anfang vom Ende einer multi-ethnischen Tschechoslowakei, und wenn Putin jetzt nicht von der internationalen Gemeinschaft in seine Schranken verwiesen wird, droht der Ukraine das gleiche Schicksal. Und ja, es gibt rechte Kräfte in der Übergangsregierung in Kiew. Diese werden aber bei den anstehenden Wahlen marginalisiert werden, denn nach aktuellen Umfragen in der Ukraine können die beiden rechten Gruppierungen nur zusammen zwischen fünf bis zehn Prozent der Wählerstimmen bekommen. Putin sollte sich im Übrigen mal lieber um die eigenen Rechtsradikalen in Russland kümmern, die dort in den letzten Monaten immer unverschämter und ungehindert auftreten können“

Prof. emer. Dr. Fritz Vilmar aus Berlin:

Dr. Wagenknecht (Die Linke) hat sich ausdrückliche Zustimmung und Anerkennung verdient durch ihr Plädoyer – im Gegensatz zu der mehrheitlichen antirussischen Stimmungsmache im Lande! – für die Bejahung einer Volksbefragung über die politische Zukunft der Krim: „Wenn sie stattfindet, dann ist das eine Situation, die man akzeptieren muss“. Das gelte, obwohl sie „formal nicht verfassungskonform“ sei.
Nur wer bei uns völlig geschichtsblind ist hinsichtlich der zentralen politischen Bedeutung der Ukraine und besonders der Krim für Russland (1783 von Fürst Potjomkin erobert; seit 1992 Autonome Republik der Ukraine), kann leugnen, dass eine einfache Westbindung der Ukraine oder gar der Krim für Putin nicht infrage kommen kann! Auf der Krim leben immerhin 60 Prozent Russen und nur 25 Prozent Ukrainer, dort liegt auch Russlands Haupthafen Sewastopol.
Es ist sehr beachtlich, dass es in der politischen Klasse der BRD immer wieder Sahra Wagenknecht ist – auch innerhalb der Linken! – die unbequeme und wirklich „linke“ Positionen zuerst laut und deutlich vertritt.“

Till Brandt aus Bad Vilbel:

„Die Ukrainer in Deutschland, die ich persönlich kenne, sind verletzt, weil sie oft das Gefühl haben, erklären zu müssen, dass sie nicht rechtsradikal sind. Putins Propaganda reicht bis in deutsche Talkshows hinein.
Erwähnenswert ist, dass in Russland die Partei des Rechtsradikalen Wladimir Schirinowski mit ihren Abgeordneten im Parlament Putins Politik unterstützt. Schirinowski ist berüchtigt für seine Ausfälle, Prügeleien und unglaublichen Äußerungen. Er machte z.B. den Vorschlag, im Atlantik russische Atombomben zu zünden, um Großbritannien zu überfluten. Medwedew verlieh ihm im Jahr 2011 den Vaterlandsorden.
Man kann beim genauen Lesen des Rundschau-Artikels durchaus entnehmen, dass es sich bei den Rechtsradikalen in der Ukraine um eine Minderheit handelt. Diese Minderheit wird von Putin in unsäglicher Weise instrumentalisiert. Gleichzeitig wird von ihm wahrheitswidrig behauptet, der Westen habe sie finanziert. Deshalb sei daran erinnert: Auf dem Maidan in Kiew wurden keine Ausländer von Rechtsradikalen zu Tode gehetzt, wie das immer wieder in Moskau geschieht. Die wahre Gefahr für die Ukraine geht weniger von Rechtsradikalen aus als von Putins Lügen, seinen Provokateuren, seinem Geheimdienst und seiner Armee.“

Ronald Keppner aus Frankfurt:

„Laut Meinung vieler Leser ist ja Russland durch die Nato-Erweiterung gedemütigt worden. Frage: Was hat denn Russland bzw. die Sowjetunion jahrzehntelang getan? Schon vergessen, dass es mal eine DDR gegeben hat? Die Polen, Balten und der ganze Ostblock wären schön dumm gewesen, wieder unter das russische Joch zurückzukehren. Ihnen blieb gar keine andere Wahl als der Nato-Beitritt. Diese Völker wissen Freiheit offensichtlich mehr zu schätzen als viele Russen (auf der Krim) und viele Deutsche.“

Armin Strebel aus Albbruck:

„Herr Krökel meint, dass sich die Russen auf der Krim keine Sorgen machen brauchen. Eine der ersten Amtshandlungen des restlichen Parlaments in Kiew war das Verbot der zweiten Amtssprache Russisch. Das Gesetz wurde vom Übergangspräsidenten nicht unterzeichnet. Sobald der neue Präsident es unterschreibt, kann man wie im Nato-Mitgliedsland Lettland die russischsprachige Bevölkerung offiziell als „Nichtbürger“ von den Wahlen ausschließen und Russisch an den Hochschulen verbieten. 1989 waren 52 Prozent der Bevölkerung lettisch und 34 Prozent russisch, heute 62 lettisch und 27 Prozent russisch. Die Hälfte hat ganz demokratisch ein Drittel ausgeschaltet. Gestern am 16.3. sind Anhänger der Waffen-SS durch Riga marschiert, und die rechte Partei, die noch vor kurzem in der Regierung saß, marschierte mit. Aber die Russen in Lettland hatten sich 1990 keine Sorgen gemacht.“

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43 Kommentare zu “Wird die Krim-Krise zu einer Art Kubakrise?

  1. Ich glaube das gewisse Verständniss für Putin kommt aus dem Unbehagen das die andauernde Osterweiterung von EU und NATO bei vielen auslöst. Das geht zumindest mir so das ich nicht wirklich nachvollziehen kann warum man in dieser Zeit(Finanzkrise) die EU erweitern muss. Die EU sollte zuerst einmal Handlungsfähig werden. Das hätte aber schon vor 5-6 Jahren so gesehen werden sollen. Inzwischen ist eigentlich die Chance die EU handlungsfähig zu machen durch die vielen Mitglieder verspielt. Jetzt muss auch noch die Ukraine gerettet werden, egal was es kostet. Geld von irgendwelchen Rettungsschirmen abzugreifen für die Steuerzahler bürgen hat sich aus sehr erfolgreich etabliert.
    Das Putin bei der Sache nicht tatenlos zuschaut wie Russland von der EU eingekreist wird ist eigentlich nicht wirklich üerraschend. Länder um Russland rum die man retten könnte um sie in die EU aufzunehmen gibt es noch viele, aber was soll das?und wer will das ?

  2. Die Überschrift in Viktor Funks gutem Artikel bringt es bereits auf den Punkt , es geht keineswegs darum , in Putin den Bewahrer der Menschenrechte zu sehen , wenn man auf die Wichtigkeit einer ausgleichenden Politik hinweist.

    Es ist schon erstaunlich , wie schnell nach dem Ende des Kalten Krieges so ein rigoristischer , perfektionistischer Idealismus eingekehrt ist ,vor allem im wohlstandsverwöhnten Westen.
    Der zunehmend die Tendenz aufweist , im Namen des Guten blindlings durch die Welt zu trampeln, noch in den frühen 90ern wäre niemand auf die Idee gekommen , sich derart undifferenziert zu verhalten , einfach , weil wir es uns nicht leisten konnten.

    Vorsicht Leute , im Namen des scheinbar Guten wurden schon immer die gefährlichsten Situationen heraufbeschworen , und dann ist es noch lange nicht gesagt , daß wir wirklich die Guten sind, nicht nur der Leserbrief von Thomas Ewald-Wehner führt das treffend aus.
    Übers Ziel hinaus schießt der Vergleich Putins mit Hitler ,zwar ist der Hinweis auf Appeasement nicht falsch , aber nicht in jedem Fall handelt es sich automatisch um einen solchen Zusammenhang.
    Putin ist ein kalt berechnender Machtpolitiker , aber keineswegs ein durchgeknallter Hasardeur mit einem extremistischen Weltbild im Hintergrund.

    Viktor Funk schreibt weiter von einer Mehrheitsfähigkeit des Säbelrasselns im Westen , das würde ich aber scharf bezweifeln .
    Selten war es so wichtig , auf die Übernahme der Medien durch einen bestimmten Typus des Journalisten hinzuweisen , diese schreiben seit 20 Jahren im Namen einer ökonomischen „Elite“ und vertreten alles Andere als die Bevölkerungsmehrheit , man darf die geäußerte Medienmeinung auf keinen Fall gleichsetzen mit der der Bevölkerung.

    Ausnahmen gibt es natürlich , dieser Blog gehört dazu und viele andere Stellen im Netz , mit Abstrichen die FR und die SZ , und auch TV-Leute wie Beckmann , Illner und andere Leute ,Liste natürlich völlig unvollständig.

    „USA und Nato nicht ganz unschuldig waren“

    Eben. Also , Schluß mit Gut gegen Böse , wir wollen keine WG mit Putin gründen , wir wollen nur mit den Realitäten klarkommen.

  3. Mal ein kurzer Einschub meinerseits, weil DH etwas gesagt hat, was ich erwartet habe.

    „Selten war es so wichtig, auf die Übernahme der Medien durch einen bestimmten Typus des Journalisten hinzuweisen, diese schreiben seit 20 Jahren im Namen einer ökonomischen “Elite” und vertreten alles Andere als die Bevölkerungsmehrheit.“

    Wie Sie auch, lieber DH, vertrete ich in meiner Einleitung meine Meinung. Die ist nicht mehr wert und nicht weniger als Ihre, aber eines ist sie nicht: von einer „ökonomischen Elite“ gekauft. Und das gilt auch für die Meinungen meiner Kollegen Krökel, Funk, Schwarzkopf und Bommarius und wen auch immer Sie sich da noch nehmen wollen.

    Dieser Vorwurf nervt, und ich übertrage das auf die FR. Ich kenne nun mal die Verhältnisse bei der FR, und es gibt hier keine „Übernahme der Medien durch einen bestimmten Typus des Journalisten“. Ich weiß gar nicht, was dieser Vorwurf überhaupt soll. Was ist das für ein bestimmter Typus? Was will der bewirken? Ich glaube, dass die FR täglich beweist, dass sie wider den Stachel löckt, also eben nicht Mainstream ist. Abweichende Meinungen wie die von Krökel werden links denkende Menschen doch hoffentlich aushalten können? Wenn nicht, sind Linke nicht besser als Rechte.

    Wir haben viele Probleme – mit der Energiewende, mit Kinderarmut und Altersarmut, mit den Muslimen und jetzt auch noch ein Problem mit Putin. Darüber müssen wir reden. Möglichst ohne hysterisch zu werden. Insofern vielen Dank, DH, dass Sie dieses Blog von der allgemeinen Meinungsmache ausnehmen. Aber auch ich meine, dass die Annexion der Krim für Putin nicht folgenlos bleiben darf.

  4. Und was, lieber Bronski, könnte das sein, dieses-nicht-folgenlos-bleiben-dürfen-für-Putin??? Das möchte ich gerne wissen, denn die Herren (und einige Damen)in den USA, in der EU usw. drehen nur weiter an der Eskalationsspirale (komisch aus Skandinavien, Südeuropa…) hört man überhaupt nichts dazu).
    Ich bin wirklich kein Putin-Fan, aber bitte, was werden die Folgen sein können für Putin – und dann wieder für uns???

  5. Sehr geehrter Herr Bronski !

    Im ersten Absatz Ihres Eingangsstatements machen Sie den gleichen fundamentalen Fehler, den mMn fast alle machen, die diejenigen, die die Berichterstattung über die Ukraine differenziert bis kritisch sehen, als „Putinisten“ oder „Putinfreunde“ verunglimpfen.

    Ich glaube die allerwenigstens derjenigen, die sich hinsichtlich der Berichterstattung über die Ukraine kritisch äußern, Ihnen darin widersprechen würden, dass Putins Russland ein Land ist, in dem Bürgerrechte und Minderheitenrechte nur wenig beachtet werden. Ich glaube auch, dass die allermeisten weder in Russland leben möchten noch das Verhalten Putins auf der Krim für rechtlich einwandfrei halten.

    Das bedeutet aber doch nicht, dass man nun alles was von Putin kommt in Bausch und Bogen holzschnittartig verurteilen muss. Wenn ich z.B. in der Rede Putins in dieser Woche die ein oder andere Bemerkung bedenkenswert oder gar richtig finde, dann heißt das doch nicht, dass ich damit auch seine Menschenrechtspolitik im Inneren unterstütze. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wie man auf diese Idee kommen kann.
    Und nur weil ich die Handlungen des Westens auf der Ukraine für fragwürdig halte, muss ich doch nicht gleich auch das westliche Gesellschaftsmodell in Frage stellen und andersrum: nur weil ich Putins Gesellschaftspolitik verurteile, darf ich doch darüber nachdenken, ob er in dieser speziellen Frage (Ukraine) nicht gute Argumente hat bzw. der Westen schlechte.

    Mir (und anderen Kritikern sowohl der Berichterstattung über die Ukraine als auch der westlichen Politik dort) zu unterstellen, dass ich damit sozusagen ein Putin-Fan bin ist in meinen Augen eine Unverschämtheit- und ich weise das auch entschieden zurück.

    Wenn Sie in Ihrem Beitrag Nummer 3 „Konsequenzen“ für Putin fordern, dann würde ich Sie, wie auch schon der Teilnehmer „Stefan“ fragen, was genau Sie sich denn für „Konsequenzen“ vorstellen. Und ich würde Sie weiterhin fragen, welche „Konsequenzen“ Ihnen denn für andere „Völkerrechtsverletzer“ vorschweben (denn Putin hat auf der Krim mMn einwandfrei das Völkerrecht verletzt, allerdings haben dies auch schon andere Staaten gemacht- USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland- auch Israel etc.). Wenn man z.B. alle Völkerrechtsverletzer aus G8 ausschließen würde, dann wäre das wahrscheinlich zukünftig ein G Null Treffen. Und wenn man gegen alle Völkerrechtsverletzer Wirtschafssanktionen beschließen würde, dann würde Deutschland sicher keine Probleme mehr mit einem Exportüberschuss haben.

    Ich bin auch ziemlich fassungslos, wenn Sie in Ihrem Eingangsstatement schreiben, dass die Annektion der Krim nur mit der Annektion des Sudetenlandes durch Nazideutschland vergleichbar ist. Formell mögen Sie damit Recht haben, aber wäre es denn wirklich so viel besser, wenn Putin in die Ukraine einmarschiert wäre, um dort die Regierung unter Inkaufnahme vieler Tausend Toter, zu stürzen, so wie es die USA im Irak gemacht haben. Oder wenn er mit Drohnen ihm unliebsame nationalistische Politiker der Ukraine umbringen lassen würde (wobei es natürlich auch mal den ein oder anderen „Kollateralschaden“ geben könnte).

    Ich weiß schon, nicht alles was hinkt ist ein Vergleich, aber was mich an der ganzen Sache so wütend macht ist, dass auch Sie einen Völkerrechtsbrecher sanktionieren wollen (wogegen ich gar nix habe), die anderen Völkerrechtsbrecher sich aber zu Gralshütern des Völkerrechts aufspielen dürfen und Empörung wie eine Monstranz vor sich hertragen.

    Mit anderen Worten, hätten Sie Herr Bronski Sanktionen gegen alle Völkerrechtsbrecher gefordert, wäre ich bei Ihnen gewesen, nur Sanktionen gegen Putin wären mir aber wieder zu einseitig.

    Und damit sind wir bei der Berichterstattung der „Qualitätsmedien“ in Deutschland (und dazu rechne ich auch die FR). Noch einmal klar gesagt: Es ist selbstverständlich richtig, Putin für sein Vorgehen auf der Krim zu kritisieren- und wer glaubt, dass er sich die Krim einverleibt hat, weil er in Sorge um das Wohlergehen der Russen dort nachts nicht in den Schlaf gekommen ist, der glaubt auch, dass die Amerikaner in den Irak einmarschiert sind um Freiheit und Demokratie zu bringen.

    ABER: Das entbindet doch einen guten Journalismus nicht davon, auch die fragwürdigen Aktionen des Westens offenzulegen und zu hinterfragen. Nur ein paar Beispiele:
    Fakt ist, die meisten Demonstranten auf dem Maidan waren friedlich, Fakt ist aber auch, dass es auch unter den Demonstranten Gewalttäter gegeben hat. Dies wurde in fast allen Medien hier in Deutschland aber negiert oder heruntergespielt.
    Fakt ist, dass die Opposition einseitig den Vertrag vom 21.02. gebrochen hat- wird hier im Westen nur am Rande erwähnt.
    Fakt ist, dass die Übergangsregierung nur aus Vertretern der Westukraine besteht und der Osten nicht eingebunden ist- liest man im Westen so gut wie gar nicht.
    Fakt ist, dass laut Vertrag vom 21.02. sämtliche nicht legalen Waffen abgegeben werden sollten, dies wurde vom rechten Sektor abgelehnt, dessen Führer Jarosch in der Folgezeit sogar den Aufbau einer paramilitärischen Miliz angekündigt hat- wird im Westen nur am Rande erwähnt usw. usw.

    Das bedeutet alles nicht, dass ich damit Putins Vorgehen für richtig halte, aber es bedeutet, dass ich die Position des Westens: „Wir sind die Guten und ihr die Bösen, ganz egal wer was wann macht“ nicht teilen kann.

    Die FR hat in der Berichterstattung wenigstens ab und zu einmal einen Kommentar oder Beitrag gebracht (hier möchte ich vor allem Herrn Funk erwähnen und mich bei ihm bedanken), der aus meiner Sicht objektiv war- auch die Karrikaturen in den letzten Tagen haben diese Thematik sehr gut auf den Punkt gebracht, aber es gibt auch Berichte, die unsäglich einseitig sind (leider ist da Herr Esch oft der Verfasser).

    Generell ist es gut und richtig, dass es verschiedene Ansichten gibt und ich beanspruche auch für mich nicht die absolute Wahrheit gepachtet zu haben- ich denke aber, dass das auch für die „Gegenseite“ gelten muss- und in der Berichterstattung in Deutschland insgesamt war der Tenor zu eindeutig gegenüber dem Westen zu unkritisch! Meiner Meinung nach!

  6. @A.H. Danke für Ihren Beitrag.
    Ich glaube, dass es immer schwerer wird, in dem „Mix“ aus Lügen, Halb-, Vietel-,Achtel- usw. Wahrheiten den Durchblick zu behalten. Schon Marshall McLuhan sagte einmal richtig: „The medium is the message“ (nicht umgekehrt).
    Goethe sagte einmal, um die Gegenwart zu verstehen, müsse man 3000 zurückliegende Geschichte verstehen. Nun, so weit müssen wir vielleicht nicht zurückgehen.
    Mir fiel gestern ein, dass W.Putin ja einst strammer Kommunist (und KGBer) war und in Dresden arbeitete. Dann kam die sogenannte Wende von 1989 und er wurde in den nächsten Jahren all dessen verlustig, was ihm heilig war. Mit seinem am 3.10.2011 (schau an, Tag der Deutschen Einheit) in der Iswestija vorgestellten
    „Integrationsprojekt für Eurasien“ hat er eine klare Zielstellung formuliert, die in diesen Tagen auf n-tv mal als „UdSSR 2.0“ bezeichnet wurde.
    Die Meinungsäußerung entzündete vorübergehend eine breite Kontroverse in und außerhalb Russlands und warf ein Schlaglicht auf den anhaltenden Zusammenstoß der Positionen über die Entwicklung der Welt…
    Ungeachtet einiger Details in der Interpretation war die Reaktion der westlichen Medien auf das durch den russischen Premier enthüllte Integrationsprojekt einheitlich negativ und reflektierte mit äußerster Klarheit eine A-Priori-Feindseligkeit gegenüber Russland und jeder Initiative, die es in den Raum stellt.
    Die Allergie des Westens gegenüber Putins Plan ist deshalb erklärlich, aber ungeachtet der Opposition, auf die das Projekt trifft, der Schwäche einiger seiner Elemente und der potentiellen Schwierigkeiten in seiner Umsetzung –, das Projekt der eurasischen Integration entsprang dem Leben des postsowjetischen geopolitischen und kulturellen Raumes und steht im Einklang mit heutigen globalen Trends. Und dieser Trend lautet Vereinheitlichung unter der Knute und Religion des Kapitals. Im Osten wie im Westen.
    Es ist also abzusehen, dass sich demnächst wieder 2 Machtblöcke gegenüber stehen werden – und ob das dann noch so glimpflich abgehen wird wie 1961 oder in der 80er Jahren, wissen wir nicht.
    Wissen bzw. ahnen können wir aber, dass es hinter diesen Machthabern unerkannte Dunkle gibt, die dies alles anstreben.

    Der holländische Sozialpädagoge Bernard Lievegoed hat einmal ausgeführt, dass es nach dem Jahr 0 in unserer Zeitrechnung aller 600-700 Jahre Wellen gab, wo östliche Völker (kriegerisch) nach Mitteleuropa/Europa strömten: zuerst war es Attila, dann Dschingis-Khan. Jeder kann rechnen. ( Dem 21. Jahrhundert entgegen, B.C.J.Lievegoed,1981)

    Vor 97 Jahren im Herbst 1917 sprach Rudoilf Steiner davon, dass mit der Oktoberrevolution nun die „sozialistischen Experimente des WESTENS beginnen und diese ca. 70 Jahre dauern würden.“

    Nun, vielleicht wird jetzt im Rest der Welt damit ernst gemacht? Und man darf das Wort Sozialismus nicht mit dem vergleichen, was wir im Ostblock erlebt haben (ich lebte in der DDR).
    Komisch, dass Russland und Deutschland von ehemaligen kommunistischen Funktionären derzeit geführt werden…

    1995 versammelte ein gewisser M.Gorbatschow die 500 mächtigsten Leute der Welt in San Francisco. Auf dieser Konferenz wurde sozusagen „beschlossen“, dass die Entwicklung der Welt hin zu einer 20:80-Gesellschaft (20% Reiche und 80% Sklaven)zu gehen hat und der allseits bekannte Zbigniew Kazimierz Brzezinski prägte dort das Wort „Titty-Tainment“ (die moderne Form von Brot und Spiele), mit dem die 80% der menschen ruhig gestellt werden sollen. (Nachzulesen in dem Buch „Die Globalisierungsfalle“)

    Vielleicht gehört das alles nicht hierher…?
    Man kann sich hierbei verzetteln, den es gibt diese und solche Aussagen – und wie gesagt, viele Lügen, die einzig zur Manipulation dienen. Was (hier) wirklich läuft, darüber wissen wir nur sehr wenig bzw. gar nichts. Wir werden da wohl noch viele Überraschungen erleben.

    Ich verabschiede mich nun aus diesem Blog.
    Noch eine Frage: Wann haben Sie das letzte mal in einer politischen Rede, Diskussion usw. das Wort LIEBE gehört oder gelesen?

  7. Danke „Stefan“ für diese Hinweise und Gedanken!

    Aus aktuellem Anlass möchte ich noch einmal illustrieren, was ich an der Reaktion des Westens einfach (widerlich) selbstgerecht finde.

    Heute spricht Frau Merkel davon, dass es für Russland keinen Platz in G8 mehr gibt, wegen dem Völkerrechtsbruch durch die Annektion der Krim.

    Sie wäre mMn nur glaubwürdig, wenn Sie im gleichen Atemzug auch alle anderen Völkerrechtsbrecher aus G8 entfernt sehen möchte- selbstverständlich einschließlich Deutschland. Sie müsste sich selber auch gleich mit anprangern, denn sie war es doch, die extra in die USA gereist ist, um dem seinerzeitigen Präsidenten George W.Bush ihr Bedauern darüber auszusprechen, dass sich Deutschland „unverantwortlicherweise“ nicht am Irakkrieg beteiligen möchte. Dabei war dieser so völkerrechtswidrig wie nur was.

    Hier gilt einfach der Spruch: „Wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen“ oder von mir aus auch der Hinweis aus der Bibel „Wer aber ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“. Derzeit werden jedoch fröhlich Glashäuser von innen mit ganzen Steinkaskaden eingeworfen und die Sünder werfen fröhlich mit Steinen auf einen anderen Sünder.

    Und dazu noch die Attitüde „Wir verteidigen das Völkerrecht gegen den bösen Agressor Putin“ (unterschwellig mitschwingend „Wenn wir das Völkerrecht mal brechen, dann nur aus guten Gründen und weil das Völkerrecht unseren guten Absichten im Weg steht, wenn andere das Völkerrecht brechen, dann aber hallo, dann bekommen die es mit uns, den Guten zu tun“).
    Kein bisschen Reflexion, kein bisschen Selbstkritik, kein bisschen Analyse.

    Daher erwarte ich mir von einer Zeitung wie der FR, dass sie den Finger deutlich und auch wiederholt in diese „Wunden“ des Westens legt, wenn es die Poltik schon verabsäumt. Damit realtiviert man auch keineswegs Putins Verhalten auf der Krim, damit relativiert man nur den Anspruch des Westens, sich zum Richter aufzuspielen- und das ist in meinen Augen dringend notwendig! Ich bleibe gespannt!

  8. @ A.H.

    Danke für Ihre Reaktion. Ich denke, wir müssen die Dinge voneinander trennen, um sie schärfer betrachten zu können. Keineswegs bin ich der Meinung, dass alle Kritiker der Revolution in der Ukraine Putinisten sind. Ich zähle mich selber zu den Kritikern dieser Revolution. Nun, es sind Wahlen angekündigt, und dann werden wir sehen, wie stark welche Parteien werden. Ich würde es sehr begrüßen, wenn die Ukraine sich mit ihrem rechtsextremen Bodensatz auseinandersetzen würde, aber derlei Aufarbeitung wurde dort meines Wissens auch schon nach dem Zweiten Weltkrieg nicht geleistet. Ukrainische Faschisten hatten gemeinsame Sache mit den Nazis gemacht und sich am Genozid an den Juden beteiligt.

    Es ist also nicht alles Gold, was glänzt. Das ist die eine Sache. Die andere ist die, dass Putin die Situation genutzt hat, sich einfach ein Stück von der Ukraine abzuschneiden. Das ist ein derart ungeheuerlicher Vorgang, dass es dafür in der neueren Geschichte in der Tat keine Vergleiche gibt. Ich finde es schwierig, diesen Völkerrechtsbruch durch Völkerrechtsbrüche anderer Staaten relativieren zu wollen, nach dem Motto: Wenn die das dürfen, darf Putin das auch. Diese Vergleiche hinken unter anderem deswegen, weil sowohl die Irak-Invasion als auch der Kosovokrieg nichts an der territorialen Einheit der Länder geändert haben. Beide sind massive Völkerrechtsbrüche, keine Frage. Ich habe kürzlich in einem Diskussionsbeitrag gewissermaßen Sanktionen gegen die USA nahegelegt („Die Militarisierung der deutschen Außenpolitik“) und dabei auch weitere Völkerrechtsbrüche benannt, die von den USA begangen wurden. Ich nehme mir daher das Recht heraus, dies im Fall der Krim ebenfalls zu tun. Was unseren eigenen Völkerrechtsbruch im Kosovo betrifft, bin ich übrigens der Meinung, dass er richtig war. Überzogen in den Mitteln, aber darauf abzielend, einen Genozid an den Kosovaren zu verhindern. Wie auch immer – die FR hat damals eine engagierte Debatte über Fragen des Völkerrechts geführt, so wie sie auch die Brüche des Völkerrechts durch die USA benannt hat. Was Sie, A.H., von der FR erwarten, haben wir meines Erachtens so wie gewünscht tatsächlich geleistet.

    Sie schreiben:

    „Das bedeutet aber doch nicht, dass man nun alles was von Putin kommt in Bausch und Bogen holzschnittartig verurteilen muss.“

    Ich wüsste nicht, wo meine Kritik an Putin holzschnittartig wäre. Ich habe die Missstände in Russland aufgezählt, wie sie nun einmal sind, und mein Fazit daraus ist, dass man in Russland nicht frei leben kann. Das ist auch in anderen Staaten so, aber wir reden hier nun mal über Russland und wie es sich unter Putin entwickelt hat. Ich habe auch gesagt, dass Putin gerade in der Krim-Krise so viel gelogen hat, dass er in meinen Augen jegliche Glaubwürdigkeit verloren hat. Grund genug, ihm vorsichtig zu begegnen. Ob man nun alles verurteilen muss, was von Putin kommt? Nun, auch Gaddafi hatte sicher seine guten Seiten, nicht wahr? Aber Gaddafi war nicht Libyen, und Putin ist nicht Russland, sondern nur sein aktueller und unberechenbarer Machthaber.

    Sie fragen, was ich mir für Sanktionen vorstelle. Abgesehen davon, dass ich die Idee gut finde, Konten von Entscheidungsträgern einzufrieren, würde ich z.B. vorschlagen, keine Exportkreditversicherungen (Hermesbürgschaften) für Geschäfte mit Russland mehr einzugehen. Es gäbe viele mögliche Maßnahmen, um die russische Wirtschaft zu treffen.

  9. @Bronski – wann wollen wir aufhören in diesen kategorien zu denken, dass „der/die/das bestraft werden müssen“??? Wann endlich dreht einmal einer das Ruder herum?
    Gewalt erzeugt Gegengewalt, wissen wir das nicht? Doch, aber wir machen immer weiter.
    „Liebet (auch) eure Feinde.“ Schwer zu ertragen, noch schwerer zu bewerkstelligen – aber nur dieser Weg führt aus der Krise.
    Gedanken sind Kräfte – die sich irgendwann materialisieren. Jaja, ich höre das laute Lachen darüber…keiner glaubt diesen „Mist“…
    Lügen bedeutet geistig, mein Gegenüber zu töten. Und wieviel Lügen sind in der Welt?
    Wie wollen wir da rauskommen? Hat jemand ne Idee?

    Sorry, mußte doch wieder meinen „Senf“ dazugeben…

  10. @ Bronski:

    Vielen Dank für die Antwort!

    Zu dem ein oder anderen von Ihnen erwähnten Punkt würde ich gerne noch eine Anmerkung machen oder Fragen stellen.
    Sie weisen zurecht darauf hin, dass in der Ukraine bald gewählt wird. Ist es dann klug/nachvollziehbar, wenn sich der Westen mit der Zusage von Hilfen bzw. dem politischen Teil des EU-Assoziierungsabkommen derart beeilt? Warum muss der Westen eine mindestens zweifelhaft legitimierte Regierung, in der auch(!) Faschisten sitzen, derart „pampern“? Warum kann man nicht bis nach den Wahlen warten? Wenn Sie das auch für falsch oder fragwürdig halten, dann müssten Sie doch auch weiter fragen, was der Westen damit wohl bezweckt?

    Warum hat der Westen nicht darauf bestanden, nach dem 21.02. die vorgesehene Regierung der nationalen Einheit zu bilden, in der eben alle Regionen und Parteien vertreten sind und darauf, den Maidan und die besetzten Gebäude zu räumen und sämtliche illegalen Waffen einzusammeln. Warum hat er dem Bruch des von ihm selber ausgehandelten Vertrags derart klag- und tatenlos zugesehen? Warum verweigert er dieser Regierung dann nicht die Zusammenarbeit?

    Dann kritisieren Sie den Versuch, den Völkerrechtsbruch von Putin dadurch „relativieren“ zu wollen, dass man auch anderen Staaten Völkerrechtsbruch vorwirft. Das sehe ich nun ganz anders als Sie.
    Ich relativiere doch den Bruch des Völkerrechts nicht, wenn ich darauf hinweise, dass andere Staaten genauso eklatante Brüche der internationalen Rechtsordnung begangen haben. Ich sage ja bewusst nicht: Wenn die anderen das dürfen, dann darf Putin das auch. Sondern: Wenn Putin das Völkerrecht bricht, hat das in meinen Augen keine andere Qualität als ein Völkerrechtsbruch durch andere Staaten und sämtliche Völkerrechtsbrüche sind von Übel! Allerdings bin ich der Meinung, dass entweder jeder Völkerrechtsbruch sanktioniert werden muss oder aber man betrachtet Völkerrechtsbruch als zynischen Bestandteil der Realpolitik und lässt es mit Sanktionen (das wäre dann wie gesagt zynisch, weil man das Völkerrecht dann auch abschaffen könnte aber es würde den traurigen Realitäten entsprechen!).

    In dem Zusammenhang mag es ja erfreulich sein, dass Sie auch für eine Sanktionierung der USA wegen Völkerrechtsbruch eintreten aber wenn Sie ehrlich sind, wissen Sie, dass das keineswegs Realpolitik werden wird; niemand in verantwortlicher Position denkt ja ernsthaft darüber nach.

    Wenn aber der eine Völkerrechtsbruch ungesühnt bleibt, ist es dann wirklich „fair“, dass ausgerechnet die Staaten, die selber das Völkerrecht brechen, bei einem Völkerrechtsbruch eines anderen Staates Sanktionen fordern? Ich habe da sehr starke Zweifel- davon liest man aber sehr wenig in der deutschen Presse.

    Ich sehe es im übrigen als äußerst gefährlich an, den jeweiligen Völkerrechtsbruch nach den jeweiligen Motiven der Rechtsbrecher beurteilen zu wollen, was Sie mit Ihrem Satz über den Kosovo nahelegen. Wer will da objektiv entscheiden, welche Motive echt, welche vorgeschoben, welche nachvollziehbar und welche es nicht sind?
    Und erst recht kann ich Ihnen nicht darin folgen, den Völkerrechtsbruch danach zu beurteilen, ob die „territoriale Integrität“ eines Staates verletzt wird. Dann kommt der nächste auf die Idee, die Schwere des Bruchs nach der Zahl der Toten zu beurteilen oder führt noch andere Kriterien ein. Nur zur Verdeutlichung: Was wäre denn dann das schwerere Delikt: Ein Einmarsch in ein fremdes Land zum Sturz einer Regierung mit 100.000 Toten oder ein Einmarsch in ein fremdes Land, um eine strategisch wichtige Region zu erobern, wobei aber „nur“ sagen wir 500 Menschen sterben?
    Oder war der Völkerrechtsbruch Russlands auf der Krim nicht alleine schon deshalb weniger schlimm als der der USA u.a. im Irak, weil ja auf der Krim tatsächlich Russen leben, im Irak aber keine US-Bürger oder weil es geopgraphisch näher liegt?

    Daher gilt für mich: Bruch des Völkerrechts ist Bruch des Völkerrechts!

    Würden die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen von der Bundesregierung oder der EU gegen jeden Völkerrechtsverletzer angewendet, würde ich Ihnen zustimmen, aber man kann nicht den einen Rechtsbruch bestrafen und den nächsten nicht- das wäre in meinen Augen Willkür und Willkür schafft eben vor allem Unfrieden.

    Zum Thema „FR“ noch ganz kurz: Unter den Blinden ist der Einäugige der König. Ich lese allerdings morgens nur die FR und kann daher nicht sagen, dass andere Zeitungen weniger oder mehr objektiv oder auch mal kritisch berichten. Ich bleibe aber dabei, dass ich in den Artikeln von Herrn Esch schon sehr oft den Eindruck hatte, dass diese sehr einseitig sind (auch heute wieder, da habe ich manchmal echt Schwierigkeiten, die bis zum Schluss zu lesen), wohingegen ich die Kommentare von Herrn Funk sehr schätze (und die Karrikaturen zu dem Thema sind in den letzten Tagen wieder sehr prägnant!), aber das ist natürlich auch wieder nur meine persönliche Meinung!

  11. @ Bronski

    „Wie Sie auch, lieber DH, vertrete ich in meiner Einleitung meine Meinung. Die ist nicht mehr wert und nicht weniger als Ihre, aber eines ist sie nicht: von einer “ökonomischen Elite” gekauft. Und das gilt auch für die Meinungen meiner Kollegen Krökel, Funk, Schwarzkopf und Bommarius und wen auch immer Sie sich da noch nehmen wollen.“

    Wo habe ich das behauptet?

    „Ich weiß gar nicht, was dieser Vorwurf überhaupt soll. Was ist das für ein bestimmter Typus? Was will der bewirken? “

    Wer durch den Blätterwald läuft und nicht auf Durchzug schaltet , stolpert überall über diese ganzen Alternativlosigkeiten und das Ausbleiben von Gegenstimmen , immer wird „zufällig“ im Sinne neoliberaler Sichtweisen geschrieben , zugegeben , es ist einen Tick besser geworden , dieses Phänomen aber völlig zu übersehen , ist einigermaßen abenteuerlich.

    Meines Erachtens ist es offensichtlich , daß ein wesentlicher Teil der Journalisten ihren Job nur noch als Lobby-Arbeit begreift , diese Kritik kann auch dann nicht unterbleiben , wenn es , wie ich selber betont habe , auch ganz andere Teile des Journalismus gibt , mir ist schleierhaft , daß Sie sich mit diesem Teil in ein Boot setzen wollen.
    Noch mehr wundert mich , warum Sie diese Kritik automatisch auf die FR beziehen , obwohl ich sie ausdrücklich ausgenommen habe , und das nicht , nicht weil ich gerade so gut gelaunt war , sondern weil es den Tatsachen entspricht.

    Dabei geht es nicht um abweichende , sondern um vorgefertigte Meinungen , die gar nicht das Ziel haben , eine offene Debatte zu führen und auch gezielt alles abwürgen , was nicht ins gewünschte Bild paßt .

    Der Vorwurf der Hysterie weise ich scharf zurück und stelle umgekehrt die Frage , ob Sie nicht selber überreagieren.

  12. Es ist mal wieder früh geworden, ich werde in wenigen Stunden in den ersten Urlaub seit einem halben Jahr aufbrechen und möchte daher hier abschließend zur bisherigen Debatte, in die ich involviert war, noch ein bisschen was Deeskalierendes schreiben.

    @ DH

    Der Hysterie-Vorwurf ging nicht gegen Sie, sondern bezog sich auf die allgemein sich aufschaukelnde Debatte. Ich denke, das geht aus meinem Kommentar auch so hervor. Sollte ich mich missverständlich ausgedrückt haben, möchte ich um Entschuldigung bitten. Auch wenn Sie die FR und dieses Blog von Ihrer Kritik ausgenommen haben, reagiere ich auf Kritik an der Journaille und fühle mich davon mit angesprochen. Was auch damit zu tun hat, dass ich mir persönlich bekannte Kollegen beim Spiegel, bei der Berliner Zeitung, beim Tagesspiegel, bei der FAZ, bei Welt und taz und bei Regionalzeitungen wie Badische Zeitung und Mainecho habe, denen Sie ganz allgemein vorwerfen, korrupt zu sein. Das sind ein paar mehr oder weniger flapsig hingeworfene Bemerkungen in einem Blog-Kommentar, die eigentlich – machen Sie sich das bitte mal bewusst – den Straftatbestand der Beleidigung erfüllen. Damit geben Sie natürlich nur wider, was im Netz Usus ist. Und das Schöne ist: Sie müssen das noch nicht einmal begründen, geschweige denn Beweise liefern. Sie können das einfach behaupten, und der Anlass für diese Behauptung ist, dass es eben Journalisten gibt, die anderer Meinung sind als Sie. Das bedeutet zugespitzt: Wer nicht Ihrer Meinung ist, kann nur von einer ökonomischen Elite gekauft sein. Ich wollte zu diesem Thema – diesem Blogosphären-Topos, mit dem sich Netz-User gegenseitig versichern, dass sie im Gegensatz zu diesen Journalisten zu den Guten gehören – schon lange mal etwas schreiben. In meiner Reaktion auf Ihren Kommentar ist meine Aversion gegen solche Vorwürfe zu heftig herausgebrochen. Ich bitte Sie nur mal, den Gedanken zumindest in Erwägung zu ziehen, dass eine andere Meinung als Ihre nicht zwangsläufig gekauft sein muss, sondern einfach auf der Basis anderer Einstellungen als der Ihren entsteht. Ein Journalist, der ein VWL-Studium abgeschlossen hat und für Handelsblatt oder Wirtschaftswoche über Wirtschaftsthemen schreibt, hat beispielsweise zu Tarifauseinandersetzungen, Niedriglohnsektor und Rente mit 63 eine andere Meinung als ein Journalist, der Soziologie studiert hat und für die FR schreibt, weil er die Kraft seiner schreibenden Stimme den Abgehängten in dieser Gesellschaft widmet. Letzteres Wertefundament wird Ihnen vielleicht sympathischer sein als ersteres, aber deswegen ist das Erstere nicht zwangsläufig gekauft. Doch leider gehört es im Netz zum guten Ton, abweichende Meinungen auch mit diesem fiesen Argument zu diskreditieren.

    @ A.H.

    Viele gute Fragen und Ansätze. Nehmen wir mal diesen hier: „Bruch des Völkerrechtes ist Bruch des Völkerrechtes.“

    Das gäbe eine gute, Jahre füllende Diskussion, die wir vielleicht schon im Angesicht des Kosovo-Krieges geführt hätten, wenn es dieses Blog damals schon gegeben hätte. Ich sage mal ein bisschen patzig: Nein, Sie irren sich. Zunächst einmal: Das Völkerrecht ist noch im Werden; der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag arbeitet ständig daran, es zu vervollständigen. Zurzeit gilt als völkerrechtlich unbedenklich, was vom UN-Sicherheitsrat abgesegnet wurde. Der Nato-Einsatz gegen Milosevic hätte keine Chance auf ein UN-Mandat gehabt, da Russland sein Veto eingelegt hätte; allerdings wurde auch gar nicht ernsthaft erwogen, eine Resolution des Sicherheitsrats zu erwirken. Gerade dieser Militäreinsatz ist dennoch einer der wenigen, von denen behauptet werden kann, dass er die Dinge zum Guten gewendet hat. Nicht zuletzt hat er Serbien von einem pseudo-sozialistischen Infernalo-Narzissten befreit. Mit dem Völkerrechtsbruch der Irak-Invasion durch die Bush-USA ist das überhaupt nicht zu vergleichen.

    Wenn ich mir die Entwicklung in Syrien ansehe, möchte ich glatt zu einem weiteren Bruch des Völkerrechts aufrufen. Der Diktator lässt große Teile der Bevölkerung seines Landes einfach verhungern, mit Putins Unterstützung. Wie wäre es mit einer Flugverbotszone in syrischem Luftraum, die Assads Leute hindern würde, ihre diabolischen Tonnenbomben abzuwerfen? Eine solche Flugverbotszone hätte im Sicherheitsrat keine Aussicht auf Erfolg; Russland würde sein Veto einlegen. Würden die Nato oder die Amerikaner es trotzdem tun, aus humanitären Gründen, brächen sie zwar das Völkerrecht, aber sie könnten – zum jetzigen Zeitpunkt – millionenfachen Tod verhindern. Einen solchen Völkerrechtsbruch stelle ich qualitativ auf eine Ebene mit dem Rechtsbruch, den der Hamburger Innensenator Helmut Schmidt 1962 im Angesicht der Sturmflut riskierte, als er die Bundeswehr zu Hilfe rief. Es gibt Notfälle, die derlei rechtfertigen.

    Mit solchen Völkerrechtsbrüchen ist Putins Krim-Annexion mitnichten zu vergleichen. Das humanitäre Engagement ist propagandistisch vorgeschoben; keiner der auf der Krim lebenden Russen ist bedroht worden. Im Gegenteil, jetzt, nach dem „Anschluss“, fühlen sich die Krimtartaren bedroht. Die Annexion ist rein machtpolitisch im russischen Interesse begründet, wie Putin es versteht. In Wirklichkeit hat er Russland damit einen Bärendienst erwiesen.

    Ich habe dafür plädiert, die Lage kühl zu analysieren und dabei auch die russische Befindlichkeit in der Bedrängung durch die Nato mit einzubeziehen. Nehmen wir einmal an, die Kritik an der Kiewer Revolution, wie Sie sie äußern, trifft den Kern. Nehmen wir darüber hinaus sogar mal an, die Vermutungen mancher Verschwörungstheoretiker träfen zu und die Maidan-Revolution wäre – in welcher Form auch immer – vom Westen gepusht und finanziert worden, um die Ukraine zu destabilisieren und Putins Pläne von der Zollunion zunichte zu machen. Putins Statthalter Janukowitsch – davongejagt. Zollunion – ohne die Ukraine sinnlos. Selbst dann könnte Putin keine Notlage wie die, die ich oben im Fall Kosovo oder Syrien angeführt habe, heranziehen, um das Völkerrecht mit Recht zu brechen. Die Annexion ist und bleibt Unrecht, und ich glaube, dass Putin sie noch bereuen wird.

    Diese Diskussion kommt für mich insofern jetzt zur Unzeit, als ich gerade ein Buch geschrieben habe, in dem die USA für ihre zahllosen Völkerrechtsbrüche zur Verantwortung gezogen werden. Dieses Buch ist bereits veröffentlicht, und ich werde im April mehr darüber enthüllen. Glauben Sie also bitte nicht, dass ich bedingungslos pro-amerikanisch eingestellt wäre, nur weil ich in diesem Thread scharf gegen Putin argumentiere. Darüber dann im April mehr in diesem Blog. Und sehen Sie es mir bitte nach, dass ich mir einen, den zentralen Aspekt herausgenommen habe, das Völkerrecht, um die Diskussion zu fokussieren, und dafür andere Fragen und Einwände beiseite lasse. Es ist jetzt fast zwei Uhr morgens, und ich will in Urlaub.

    Wie immer in solchen Situationen werde ich in den kommenden Tagen von Natalie Soondrum vertreten!

    Euch allen eine schöne Zeit!

  13. Dann wünsche ich Ihnen, Herr Bronski, einen schönen und erholsamen Urlaub.

    Einen Satz von Ihnen möchte ich aber noch herausgreifen und sozusagen in den „luftleeren Raum“ hinein kommentieren.

    Sie sagen, Sie wären auch in Syrien für den Bruch des Völkerrechts, sehen aber keine Chance für eine Flugverbotszone, weil dies Russland mit seinem Veto verhindern würde.

    Das ist leider wieder die von mir kritisierte relativ einseitige Westsicht auf die Dinge. Als auf dem G20 Gipfel in Sankt Petersburg darüber diskutiert wurde, ob man irgndwie in Syrien eingreifen sollte, gab es neben den (westlichen) Befürwortern auch eine (wenn ich mich recht erinnere) genau gleich große Zahl an Ländern, die sich gegen ein wie auch immer geartetes Eingreifen ausgesprochen haben, darunter auch Länder wie Brasilien und Indien.

    Und im Sicherheitsrat würde mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur Russland sein Veto eingelegt haben sondern auch China. Die ganze Empörung und der moralische Zeigefinger richtete sich in der Presse aber wieder nur gegen Russland- es wurde suggeriert, dass die ganze Welt sozusagen für ein Eingreifen in Syrien wäre und sich ausschließlich und allein Russland dagegenstemmen würde.
    Leider könnte ich die „Vetoeinleger“ in der Sache sogar verstehen, denn Teile der Nato haben den seinerzeitigen Beschluss über die Einrichtung einer Flugverbotszone in Libyen dazu genutzt, einen Regime-Change herbeizubomben und dies wurde von Russland und China ausdrücklich nicht gewünscht. Wer wie der Westen derart dreist die Beschlüsse des Sicherheitsrates missachtet, muss sich nicht wundern, wenn der Sicherheitsrat, da gebe ich Ihnen Recht, immer mehr zu einem Machtinstrument der jeweiligen Blöcke wird.

  14. @ Bronski

    Gut , das mit dem Hysterie-Vorwurf habe ich dann wohl in den falschen Hals gekriegt, sorry dafür.

    Sie fühlen sich von Kritik an der Journaille mit angesprochen , ich bitte aber , mir zu glauben , daß meine Differenzierung ehrlich gemeint und nicht nur ein rhetorischer Trick ist , um letztlich doch alle Schreiber in die selbe Pfanne zu hauen , aus Lesers Sicht ist es in meinen Augen gar nicht anders möglich , so zu unterscheiden , wenn man nicht ständig an die Decke gehen will beim Lesen und einfach nur was Brauchbares und Gutes lesen will.

    Ich stimme Ihnen zu , daß es auch bei problematischen Blättern ehrliche Kollegen gibt , aber die Tendenz geht seit 20 Jahren stark in Richtung Einseitigkeit im marktradikalen Sinne , ich habe den Eindruck , daß echte Journalisten immer weiter herausgedrängt wurden und zunehmend Leute schreiben durften , die neoliberale Interessen bedienen.

    Dabei ist es gar nicht so entscheidend , ob die Bevorzugten jetzt wegen ihrer bereits vorhandenen Meinung bevorzugt wurden oder ob sie ihre Meinung in die gewünschte Richtung modifiziert haben , beides hat mit freiem Journalismus nichts zu tun .
    Ob jetzt immer Korruption dahintersteht , oder ob es Zeitgeist ist , oder ob der Herdentrieb eine große Rolle spielt , da gibt es wohl keine monokausale Erklärung , vermutlich ist es auch sehr stark das , was Tucholsky schon beschrieb als den „deutschen Journalisten , den man nicht mal bestechen , sondern nur einladen muß“ , und ich fürchte , das ist noch schlimmer als offenes Schmieren , und ich betone dabei noch einmal ausdrücklich , daß ich dabei drastische Unterschiede sehe und nicht automatisch alle Schreiber damit ansprechen möchte.

    Letzeres in den Raum zu stellen , mag ein unschöner Vorwurf sein , aber es ist im juristischen Sinne keine Beleidigung , und Sie können auch nicht die große Recherche erwarten an diesem Punkt , damit wälzen sie eine Aufgabe an den Normalbürger ab , die dieser gar nicht leisten kann und die tatsächlich eine Kernaufgabe des Journalismus selber wäre.

    Auch finde ich es nicht automatisch legitim , daß ein Schreiber des Handelsblatt oder ähnlicher Blätter automatisch eine bestimmte Meinung vertreten muß , ein bißchen mehr als Tellerrand darf da schon erwartet werden , umgekehrt erwarten solche Journalisten ganz selbstverständlich , daß der „kleine Mann “ die Belange der Wirtschaft mit zu berücksichtigen habe , eine solche Einseitigkeit ist anmaßend , es darf mehr verlangt werden.

    Ich gebe aber zu , daß ich manchmal dazu neige ,anders denkende Meinungen mit in die tendenziöse und manipulierte Tonne zu klopfen , das habe ich oben getan , indem ich die „FR mit Abstrichen“ erwähnte , das nehme ich hiermit zurück , ich habe nicht den Eindruck , die FR sei gekauft.
    Auch könnte der Eindruck antstanden sein , ich würde Viktor Funk als gekauft betrachten , sollte dies der Fall sein , dann tut mir das leid , denn das entspricht ausdrücklich nicht meiner Meinung , ich hatte lediglich den Eindruck , daß Herr Funk die Meinung der Bevölkerung falsch einschätzt und daß das schiefe Bild in vielen Medien einer der Gründe dafür sein könnte.

    Ansonsten wünsche ich Ihnen einen schönen Urlaub.

  15. Ich schließe mich Ihrer Argumentation in jedem Punkt an, A.H. Mich hat nicht nur die Behauptung, nur die Annektion des Sudetenlandes sei mit diesem Völkerrechtsbruch zu vergleichen fassungslos gemacht, sondern die gesamte m.E. extrem einseitige, propagandistische Berichterstattung der FR zu diesem Thema, die m. E. die Einseitigkeit sehr vieler anderer Medien oft noch übertraf. Nach dem Schema, wir, der Westen/die EU, sind die Guten, wer prowestlich ist, ist ein Freiheitskämpfer, wer nicht prowestlich ist, ist ein Aggressor und Chaot. Die Verharmlosung der Faschisten auf dem Maidan, die Ausblendung dessen, dass diese Regierung nicht demokratisch legitimiert ist, die Ausblendung, dass das Abkommen zur Befriedung der Lage nicht einen Tag eingehalten wurde, nichts über die nicht vollzogene Entwaffnung der faschistischen „Kämpfer“, wenig bis nichts über die Faschisten, die in Kiew in der Regierung sitzen, keine Recherche, wer für die Toten auf dem Maidan verantwortlich war (selbstverständlich die „Bösen“) und als ich lesen musste, mit welch klammheimlicher Sympathie darüber berichtet wurde, dass der durch Putsch entmachtete Präsident das nicht überleben würde, wenn man ihn kriege, da ist mir schlecht geworden. Mit objektiver Berichterstattung hat das nichts mehr zu tun, das ist reine Propaganda. Und ich finde nicht, dass die FR das weniger betreibt, als die restlichen Medien, sondern eher ist m.E. das Gegenteil der Fall. Wie hier das zweierlei Mass die gesamte Berichtersttung durchzieht, wie hier ein Völkerrechtsbruch angeblich Konsequenzen erfordert, unzählige andere, bei denen unzählige Zivilisten ihr Leben gelassen haben, aber nicht, weil sie ja von den „Guten“ begangen wurden und deshalb nicht so schlimm, jedenfalls angeblich nicht vergleichbar schlimm sind, das ist schon heftig. Ich konnte diese Propaganda zu einem gewissen Punkt nicht mehr ertragen und habe die Schotten deshalb dicht gemacht, sprich, die „Berichte“ nicht mehr gelesen. Ich will nämlich informiert und nicht manipuliert werden.

  16. Die EU macht mir keine Freude, im Gegenteil, sie macht mir ganz schön große Sorgen. Nicht nur wegen Griechenland und der braunen Morgenröte, nein schlimmer, in Ungarn wird eine fast faschistische Regierung geduldet,sie wird flankiert von einer ungarischen Morgenröte, in der Ukraine macht man mit Unterstützung durch fast schon unverschämte regelrechte Nationalsozialisten (Bandera?! Prügel-Igor usw.) einen Putsch und schließt dann mit mit einer höchst zweifelhaft legitimierten Spalterregierung Verträge („Millionen Ukrainer wollen in die EU“ zu Mutti-schon klar, die anderen Millionen in die russische Heimat zu Mütterchen.) Schon peinlich, wenn man nicht mal demokratische Wahlen abwarten kann. Ich mache mir nicht nur Sorge um den Frieden in Europa- der EU wegen vor allem- sondern auch um Freiheit, Menschenrechte und Demokratie. In Ungarn und in der Ukraine scheint, auch in Polen, jetzt das Tabu des Antisemitismus gefallen… NSU und NSA … Quo vadis EU?

  17. @DH 14

    „… ich habe den Eindruck , daß echte Journalisten immer weiter herausgedrängt wurden und zunehmend Leute schreiben durften , die neoliberale Interessen bedienen.“ …

    Den Eindruck der habe ich auch. Dazu: (Link abgelehnt, Anm. Bronski, siehe Blog-Regel Nr. 8)

  18. Lieber Bronski,
    ich hoffe, Du findest auch im wohlverdienten Urlaub etwas Zeit, hier wenigstens mal reinzuschauen. Auf jeden Fall gute Erholung!
    Ich habe weniger die Absicht, zur (m.E. ziemlich undurchschaubaren) Sache Stellung zu beziehen als zur Diskussion darüber. Mein Eindruck: Auch die Diskussion hier führt in eine Sackgasse. Aber warum? – Eine Bemerkung von Fritz Katzfuß (#15) macht es deutlich: „Quo vadis EU?“ – Die Diskussion über eine Entwicklung, über die sich wohl kaum jemand eine qualifizierte Meinung bilden kann, wird überlagert von vielen anderen Problemen und Befürchtungen, die uns näher sind.
    Auch wenn ich die Einwände, etwa von A.H. (# 7,10) als durchaus ehrenwert ansehe: In der Sache gebe ich Dir eher Recht, so in #12. Praktisch alle historischen Vergleiche, die herangezogen werden, hinken, und man muss für eine klare Beurteilung schon sehr ins Detail gehen. Genau das aber geschieht nicht, und es herrscht geradezu eine Sucht nach historischen Vergleichen. Und so führen diese – ob man will oder nicht – eben doch zur Relativierung einer neuerlichen Völkerrechtsverletzung (ohne damit A.H. zu nahe treten zu wollen).

    Soweit zur Sache, nun zu den Schieflagen der gegenwärtigen Diskussionen (aus meiner Sicht).
    Lieber Bronski, ich meine, da legst Du schon von Anfang an die falsche Spur: „All das spielt für die linken Demokraten in der FR-Leserschaft keine Rolle mehr?“.- Ich glaube, mit dem Hinweis auf „linke“ Theorien irrst Du ebenso wie Dr. Fritz Vilmar mit dem Verweis auf Sarah Wagenknecht. Das mag die traditionelle Leserschaft der FR (so auch ihre vergleichsweise sehr gemäßigte Reaktion zur Krim-Krise) vielleicht nahe legen. Eine Ausweitung des Gesichtsradius führt aber zu anderen Erkenntnissen: Da haben noch ganz andere Kreise ihre Finger im Spiel.
    Dazu erst mein „mea culpa“ – doch ich hoffe, das Ergebnis rechtfertigt die Absolution: Ich habe in den letzten Tagen kräftig in fremden Gewässern gefischt, konkret: bei Faz.net. Dies nicht nur wegen der Quantität der Beiträge, sondern auch deshalb, weil die sehr gute Dokumentation aller eingegangenen Forumsbeiträge im Vergleich mit anderen Themen eine recht präzise Bestimmung der gesellschaftlich-ideologischen Position des jeweiligen Foristen zulässt.
    Vorneweg:
    Das Nachfolgende erfolgt im Vorgriff auf eine in Arbeit stehende Analyse, die ich ggf. durchaus hier zur Diskussion stellen würde. Die entsprechenden Belege seien dieser vorbehalten und werden – der Kürze wegen – hier weitgehend übersprungen.
    Ergebnis:
    Was in diesen Tagen in diesem Forum (Faz.net) vor sich geht (und dem Vernehmen nach auch in anderen), ist ein regelrechter „Shit-Storm“: gegen den „Westen“ und „westliche Medien“ im allgemeinen, natürlich auch die USA, vor allem aber gegen EU und Merkel. (Was Sarah Wagenknecht zu sagen hat, erscheint im Vergleich dazu als ausgesprochen gemäßigt.) Bemerkenswert vor allem: Ausfälle und übelste Unterstellungen gegen die „EUdSSR“ durchgängig und unabhängig vom jeweiligen Artikel oder Thema. Die wird bald als „Kriegstreiber“ verteufelt, bald als schwächlich verhöhnt.
    Was sich hier in einer seltsamen Melange vereint, sind unterschiedlichste Strömungen: Ob frustrierter illusionärer Pazifismus, ob Antiamerikanismus, ob doktrinäre „linke“ Nostalgie, ob ungezügelter EU-oder Merkel-Hass: Identifikation mit Putin erscheint als bloßer Kitt für diese ideologisch völlig diffuse „Allianz“. Die Krim-Krise ist dafür eher willkommener Anlass, aufgestaute Hassgefühle abzulassen (vielleicht auch Angst loszuwerden) und diese zu kanalisieren, vorrangig gegen die EU (Wahlen stehen an!).
    Hinweise dafür: Man wirft mit historischen Analogien (bis hin zum Untergang Roms) nur so um sich, ohne auch nur in Ansätzen den jeweiligen Kontext einzubeziehen (auch nicht auf Nachfrage). „Heuchelei!“ gegen „den Westen“ gewendet, ist das Lieblingswort, nicht in Ansätzen ist aber ein Hinterfragen des eigenen Standpunkts erkennbar. (Die Diskussion hier unterscheidet sich davon in wohltuender Weise). So wird nicht nur die Putinsche These vom „faschistischen Putsch“ brühwarm übernommen, EU und USA werden darüber hinaus als eigentliche „Drahtzieher“ und auch als Hauptverantwortliche für die Toten auf dem Majdan geortet. Keine Frage danach, wie denn aus einem „Brüdervolk“ quasi über Nacht eine Horde von „Faschisten“ werden konnte.
    Stillschweigen auch, was das Angebot Putins ausschließlich an verschiedene rechtsradikale Parteien in Europa als „neutrale Beobachter“ angeht. Empörung über die vermeintliche Verweigerung einer „demokratischen“ Abstimmung für die Krim durch „den Westen“, aber nicht ein Wort zu den Umständen der Abhaltung unter dem „Schutz“ von Panzern einer fremden – und zugleich in den Konflikt extrem involvierten – Macht. Rechtfertigung, sogar über Putin hinausgehend, für die Verweigerung von OSZE-Beobachtern, als dieser diesen schon zugestimmt hat. Natürlich wird auch kein Gedanke darauf verschwendet, warum – aus durchaus russlandfreundlicher Sicht – eine blitzartige Annektion unter einer noch nicht frei gewählten Regierung der Ukraine überhaupt notwendig war, eine wohl langfristige internationale Isolierung riskiert werden musste, wo doch die inhaltliche Position, was die Verbindung der Krim mit Russland angeht, auch bei Verhandlungen mit einer ab Mai frei gewählten Regierung sehr gut gewesen wäre. Solche Verdrängung wird vielleicht verständlich, wenn man bedenkt, dass ihrer Thematisierung auch andere Motive für diese „vaterländische“ Tat in den Blick kämen – etwa das des bloßen Machterhalts durch Entfesselung ungezügelter „patriotischer“ Gefühle.
    Damit genug der Beispiele.
    Die entscheidende Frage in Bezug auf den „Anti-EU-Shit-Storm“ ist wohl die Frage nach dem „cui bono“. Diese Stoßrichtung mag auch bei „linken“ Ideologen ihre Befürworter haben, die aber im Konzert der EU eine ziemlich marginale Rolle spielen. Ganz anders dagegen der Angriff von „rechts“: Die Wendung eines Geert Wilders vom Islamhasser zum EU-Hasser war nur ein erstes Indiz. Längst wird dies auch vom „Front National“ in Frankreich geteilt und überwiegend wohl auch von Anhängern der AfD. Strategien von Marine Le Pen, bezogen nicht nur auf die gegenwärtigen Kommunalwahlen, zeigen eine deutliche Stoßrichtung: Meinungsführerschaft durch Anbiederung an traditionell „linke“ Positionen, abgefedert durch Bündnisse mit „Linken“ im zweiten Wahlgang gegen eine heillos zerstrittene Rechte.
    Und dieses Spiel „Ich kenne keine Parteien mehr…“ soll ja auch in Deutschland durchaus historische Vorbilder haben. Und auch die Folgen sind bekannt. Eine pure Gleichsetzung damit verbietet sich natürlich. Das Ignorieren solcher Warnsignale aber auch.
    Resumee: Dieses Blog ist wohl der Ort, Schemata zu hinterfragen, die nicht nur für das Verständnis gegenwärtiger Krisen und der Reaktionen darauf untauglich geworden sind. Eben deshalb bin ich ihm auch verbunden.
    Allen noch einen schönen Sonntag!
    Werner Engelmann

  19. Haben wir, wie im kalten Krieg, wieder eine Zensur?
    Am Wochenende wurde in Spanien mal wieder demonstriert.
    Es waren nicht hunderte auch nicht tausende sondern
    Hunderttausende Demonstranten! In der Montagsausgabe der FR
    kein Wort, im Internet nichts. Sonntags war auf anderen
    Kanälen ein Film zu sehen, nach 3 Stunden hieß es,
    der Film steht nicht mehr zur Verfügung.
    Es kann scheinbar nicht sein, dass es im guten Westen Armut
    gibt und die Menschen die Opfer für die Bankenrettung geworden
    sind dagegen protestieren. Proteste darf es nur noch in der
    Ukraine geben. Armes Deutschland.

  20. Der Ministerpräsident von Molwanien, Itszgir Bejschad, hat jetzt die Vertreter Russlands und der Ukraine zu einem RUNDEN TISCH eingeladen, um über alle anstehenden Probleme MIT-einander zu sprechen. Bejschad ist der festen Überzeugung, dass nur so ein gangbarer Weg gefunden werden kann.
    Über Molwanien hört und liest man so gut wie gar nichts, was @G.Krause`s Frage nach der Zensur eindeutig bejaht. Dabei könnten wir viel lernen von diesem kleinen aufstrebenden Land. Hat man doch in Molwanien 2009 die Dreigliederung des Staatswesens in Angriff genommen – also: FREIHEIT im Geistes-u. Kulturleben, GLEICHHEIT im Rechtsleben und (für uns Deppen wohl völlig unverständlich) BRÜDERLICHKEIT im Wirtschaftsleben. Diese Dreigliederung geht auf die Ideen und Versuche eines gewissen Rudolf Steiner aus dem Beginn des 20.Jahrhunderts zurück.
    Außerdem hat Molwanien 2010 ALTERNDES GELD eingeführt. Hier hat man intensiv den Geldversuch der Stadt Wörgl in Österreich vom Beginn der 30er Jahre (des 20.Jhdrt.) studiert und diesen Versuch gewagt. Seitdem ist die Arbeitslosigkeit gen Null gegangen, viele Investitionen konnten getätigt werden (Bildung, Verkehrsnetz usw.) – und, was nicht ganz unwichtig ist: es kann mit diesem Geld nicht spekuliert werden, da es ja im laufe der Zeit an Wert abnimmt. So sind die Menschen immer bestrebt, es auszugeben und es kann seine heilende Wirkung entfalten. Das letzte Mal, dass es „alterndes Geld“ gegeben hat, war ca. im 13.Jhdrt., als in dieser (kurzen)Blütezeit viele Dome, Kirchen ect. errichtet wurden. Außerdem wurde es so möglich in Molwanien ein bedingungsloses GRUNDEINKOMMEN für jeden Bürger des Staates einzuführen.
    Nun hat Itszgir Bejschad eine Friedensinitiative ergriffen. Außerdem lädt er alle anderen Staatsoberhäupter der Welt ein, die Neuerungen Molwaniens zu studieren und ggf. ebenso einzuführen.
    So können wir schon heute mit Fug und Recht sagen: „Von Molwanien lernen heißt gesunde Lebensumstände zu schaffen!“
    Alles andere können wir getrost vergessen!
    In diesem Sinne…

  21. „Da brechen Gräben auf“
    Dort wo Gräben aufbrechen muss der Untergrund wohl sehr locker sein, oder vielleicht starke Kräfte wirksam werden. Vielleicht gilt in diesem Fall ja auch beides. Verwundern kann solches Aufbrechen aber eigentlich nur dann, wenn man die genannten Voraussetzungen außer Acht gelassen hat.
    Natürlich ist Putin kein „lupenreiner Demokrat“ und sein Russland kann wohl auch nicht unbedingt als Hort der Freiheit und Liberalität angesehen werden. Das gilt leider wohl auch für den Umgang mit rechtsstaatlichen Prinzipien, wobei ich dazu nicht unbedingt auf den Fall Chodorkowski abheben möchte (wer innerhalb weniger Jahre aus dem „Nichts“ Milliarden „akkumuliert“, wird dies nur schwer mit seinem außergewöhnlichen Fleiß begründen können).
    Insofern haben Sie sicher recht, Putins Kalkül ist sicher eine der Kräfte. Und natürlich ist die Frage nach den Interessen und Absichten Putins bzw. der Russischen Föderation gerechtfertigt und notwendig.
    Was aber die Gräben aufbrechen lässt ist doch wohl eher das Ausblenden der übrigen Bedingungen – und dies mit einer erstaunlichen Systematik!
    Auch die FR stimmt hier nur in Chor der Kritiker ein, ohne nach deren Absichten und Interessen zu fragen. Dabei kann ich offengesagt die vorgeblich rechtsstaatliche, liberale und demokratische Argumentation eines Mannes nicht ernst nehmen, der als Ankläger, Richter und Henker in einer Person über das Leben von Menschen in beliebigen Ländern der Welt entscheidet (per Morddrohnen); der milliardenfach sich über die Bürgerrechte auch in unserem Land hinwegsetzt (NSA); der u. a. von Russland ein Verhalten fordert, das er etwa Saudi Arabien gegenüber nicht einmal der Erwähnung wert findet; und der vorgeblich weltweit den Terrorismus bekämpft, aber Waffen an Gruppen liefert, die Kontakt zu al-Qaida haben.
    Die Kritik an der Doppelmoral des „Westens“ ließe sich fast beliebig fortsetzen. Dies rechtfertigt natürlich immer noch nicht das Verhalten der anderen Seite. Aber wann immer hier von Völkerrechtsverstoß die Rede ist, sollte doch auch von der Bombardierung Serbiens und der einseitigen Unabhängigkeit des Kosovo die Rede sein.
    Aber es gibt auch im direkten Zusammenhang mit der Ukraine allzu viele Aspekte, die zu gerne und zu oft „unberücksichtigt“ bleiben. Und hier spielen leider auch die deutschen Medien eine unrühmliche Rolle. Dabei wirkt es im Zeitalter des Internet eigentlich schon anachronistisch, wenn Leitmedien in der Bundesrepublik wichtige Informationen „vernachlässigen“, die man einfach bei BBC, in der Schweiz oder in Österreich nachlesen kann.
    Noch ärgerlicher wird es, wenn z. B. im Forum auf tagesschau.de systematisch Beiträge genau zu solchen Informationen mit „rotem Balken“ versehen (gesperrt) werden. Dabei dürfen es auch schon mal einfach nur Links sein (teilweise auf Seiten der ARD):
    „06.03.2014 – 14:24 | Krim-Parlament stimmt für Anschluss an Russland  gesperrt
    mal sehen …
    was jetzt passiert:
    http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-03/kiew-ukraine-telefonat-ashton
    https://www.tagesschau.de/multimedia/bilder/kiew232~_v-videowebl.jpg
    http://www.tagesschau.de/ausland/ukraine-liveticker102.html
    http://www.bbc.com/news/world-europe-25826238
    http://www.youtube.com/watch?v=DQ2-L5jRz8s
    Das Auflisten von Links stellt doch wohl keinen Verstoß gegen die netiquette dar? Personen werden so doch wohl auch nicht angegriffen?“

    Dann können dann schon mal Gräben aufbrechen – vielleicht ist dies ja auch gewollt. Das schränkt die Diskussion und die Beschäftigung mit den Hintergründen ein.
    Wenn ich mir die Entwicklung (seit dem Entweder-Oder-Angebot der EU für 610 Millionen) und die argumentative Begleitmusik (in anderen Zusammenhängen würde man es Propaganda nennen) anschaue, dann erinnert mich das an Vorgängen aus lang vergangener Zeit, wo sich Kräfte für einen „großen Konflikt“ in Stellung brachten. Dann redet man halt nicht so gerne über die eigenen Interessen (z. B. an Rohstoffen und „Konkursware“). Wichtiger ist es die moralischen Werte in den Vordergrund zu rücken.
    Ja die FR sollte Putin kritisieren. Aber noch mehr scheint es mir nötig, die Doppelmoral und Propaganda zu durchbrechen, die die Interessen verdecken soll, und gleichzeitig Möglichkeiten einer Deeskalation zunichtemacht und die Kriegsgefahr erhöht.

  22. Bronski schreibt:

    „Es geht rund in der Leserschaft der FR. Da brechen Gräben auf beim Thema Ukraine, Krim und Putin, und ich bin erstaunt darüber, wie viel Sympathie der russische Autokrat genießt. Wie kann das sein? Das Putin’sche Russland ist kein Rechtsstaat (mehr). Es diskriminiert Minderheiten und unterdrückt politisch Andersdenkende. Man kann in diesem Russland nicht frei seine Meinung sagen.“

    Putin ist eben noch nicht so weit wie der Westen, der mit feinsinnigeren Mitteln die öffentliche Meinung lenkt und damit die Ungleichverteilung von Macht und Besitz befördert. Erst nach Jahrzehnten seiner Existenz hat das Bundesverfassungsgericht dem Zweiten Deutschen Fernsehen bescheinigt, dass der Einfluss der 77 Fernsehratsmitglieder von „Freundeskreisen“ gesteuert wird. Die wichtigsten deutschen Journalisten sind meist in diverse Organisationen eingebunden, die sich ganz und gar nicht interessensfrei gerieren. Dazu Albrecht Müller: „Uwe Krüger hat Artikel und andere Medienprodukte der genannten Journalisten untersucht und festgestellt: Die Journalisten lagen ganz auf Linie mit den Eliten. Sie mahnten zu stärkerem militärischen Engagement und empfahlen mehr Führung und Überzeugungsarbeit bei der skeptischen Bevölkerung, um die Linie durchzusetzen.“

    Was wüssten wir ohne Snowden über die Politik unserer amerikanischen Freunde? Wenn Bronski seine FR-Leser mahnt: „Liebe Leute, bei aller Kritik – überdenkt mal Euer Russland-Bild.“, müsste er seinem Amerika-Bild mindestens ein paar Mosaiksteine hinzufügen. Wir haben eine Politiker-Riege, die den US-Amerikanern mit ihrem Abu-Ghuraib und ihrem Guantanamo fast alles abnickt: Ein No-Spy-Abkommen mit den USA wird es nie geben. Dafür wird uns ein kapitalfreundliches „Freihandelsabkommen“ nach amerikanischen Vorgaben übergestülpt. Unseren amerikanischen Freunden gegenüber ist Kuschen angesagt, das journalistisch als Realpolitik verbrämt wird.

  23. Und immer immer wieder geht der Albrecht Müller auf
    und wieder bringt ein Tag für uns den Durchblick …
    und die Nachdenkseiten bringt er auch gleich mit …

    Es wird mir auf ewig schleierhaft bleiben, wie diese ominösen Nachdenkseiten mit all ihrer Überheblichkeit in linken Kreisen so viel Zustimmung erlangen konnten. Vielleicht gerade deswegen, weil sie keine Diskussionen zulässt? Denn so war das doch im real existierenden Sozialismus, oder? Es wurde angeordnet, Diskussionen gab es allerhöchstens im engsten Zirkel des Zentralkomitees. Dass das aber auch niemandem aufstößt …

    Ist denn noch niemandem aufgefallen, dass es auf den Nachdenkseiten keine Diskussionen gibt? Die wissen genau warum: Die wüssten vor Kritik nicht mehr, wohin sie noch schauen sollten. Nein, die Nachdenkseiten verkünden nur. Sehr bequem. Kritik nach allen Seiten austeilen, aber selber keine einstecken wollen. Das spottet nicht nur jeder Diskussionskultur im Netz, sondern das ist geradezu erbärmlich!

    Ich stimme Bronski absolut zu: Gegenüber Putin scheinen manche Leute unfähig zu sein zu Kritik. Wenn ein amerikanischer Präsident den Irak überfällt, gibt es Stürme der Kritik. Wenn ein russischer Präsident sich Teile eines anderen Staates abschneidet, ist das völlig in Ordnung. Soll er nur machen. Wollen wir ihm nicht gleich noch die Ostukraine dazu geben?

    Und, Rudi, dein letzter Satz ist unter aller Kanone, wenn du damit die Rundschau meinst. Wahrscheinlich liest du die Zeitung überhaupt nicht. Da sind doch dauernd kritische Berichte über TTIP drin. Selbst die „Welt“ ist gegen TTIP. Der „Tagesspiegel“ schrieb neulich, dass der Widerstand gegen TTIP wächst. Das sind natürlich alles deutliche Anzeichen dafür, dass die deutsche Journaille total gleichgeschaltet ist. Klar, wenn ein Uwe Krüger das geschrieben hat, dann wird es wohl stimmen. Nein, hier wird nur von ultralinker Seite ein Mythos gepflegt wird, um allen anderen die Fähigkeit zu denken absprechen zu können.

  24. @ Pascal:

    Die von Ihnen kritisierten Nachdenkseiten stellen im Wesentlichen Artikel anderer Medien zusammen, die Diskussion über diese Artikel sollte und wird wohl auch auf den verlinkten „Originalseiten“ stattfinden.

    Aber auch wenn die Nachdenkseiten selber kommentieren, kann man Kritik äußern- per Mail- und diese Kritik wird auch beantwortet- ist mir jedenfalls so ergangen.

    Im übrigen ist es meiner Meinung nach immer gut, wenn man seine Informationen nicht nur aus einer Quelle bezieht sondern aus mehreren.

    Und so wird dann auch ein Schuh draus, wenn Sie sich wundern, dass die Nachdenkseiten bei einigen Menschen (und ich zähle mich dazu) so beliebt sind.
    Die Nachdenkseiten weisen darauf hin, dass nicht alle Medien dem Mainstream folgen, sondern dass es auch Sichtweisen und Ansichten gibt, die in den „Mainstreammedien“ nicht oder nur sehr selten zu Wort kommen.

    Das wird mir extrem deutlich, wenn es um die Berichterstattung über die Ukraine geht. Sie selber schreiben “ Wenn ein amerikanischer Präsident den Irak überfällt, gibt es Stürme der Kritik. Wenn ein russischer Präsident sich Teile eines anderen Staates abschneidet, ist das völlig in Ordnung.“

    Ich denke damit haben Sie den Finger unbeabsichtigt in die Wunde gelegt. In der Presse wird der Spieß nämlich genau umgedreht!!! Der amerikanische Präsident wird ohne jede Kritik (und auch in der FR finde ich diese, wenn überhaupt, nur in homöopatischen Dosen!)zum Bewahrer des Völkerrechts erklärt, der sich kraft seines Amtes über andere Völkerrechtsbrecher erheben und diese moralisch und durch Sanktionen aburteilen darf- wie gesagt, von den meisten westlichen Medien nicht nur nicht in Frage gestellt sondern auch noch befeuert. Dass die USA selber das Völkerrecht brechen und gestalten, wann immer es ihnen in den Kram passt, wird geflissentlich übersehen und sicherheitshalber genausowenig thematisiert wie die Frage nach der Rechtmäßigkeit der „neuen ukrainischen Regierung“ oder deren Zusammensetzung.

    Und darin genau liegt die Perfidie der Vorwürfe, die von Ihnen und anderen gegen diejenigen erhoben werden, die Putin angeblich verteidigen.

    Ich schreibe es gerne noch einmal: Putin hat das Völkerrecht durch die Übernahme der Krim gebrochen. Punkt! Das wird nach meinem Eindruck auch von den meisten derjenigen, die Sie als „Ultralinke“ beschimpfen nicht anders gesehen!

    Ich spreche „lediglich“ dem Westen das Recht ab, von einer vermeintlich höheren moralische oder rechtlichen Warte aus, Russland dafür zu verurteilen und für mich ist die publikumswirksame Heuchelei des Westens in dieser Frage eben genau das: „Heuchelei“! Wie soll man es denn anders nennen, wenn jemand einem anderen ein Verhalten öffentlich vorwirft, was er selber so oder so ähnlich auch schon an den tag gelegt hat?

    Falls Sie anderer Auffassung sind, dann ist Ihnen das selbstverständlich unbenommen- ich nehme für mich jedenfalls nicht in Anspruch, nur selber im Besitz der Wahrheit zu sein.

    Ich nehme mir aber das Recht heraus, auch meine Meinung zu haben und die ein oder andere Entwicklung in der Ukraine in Frage zu stellen und ich möchte dafür nicht als „Putinist“ oder „Ultralinker“ oder was auch immer beschimpft werden!

    Und wenn Sie gerne ein Beispiel für (für mich nur sehr schwer zu ertragende) Einseitigkeit in der Berichterstattung haben möchten (in der FR wohlgemerkt), dann empfehle ich Ihnen den vor Verständnis nur so triefenden Artikel über das abgehörte Telefonat von Frau Tymoshenko, verfasst von Herrn Esch in der heutigen Ausgabe der FR. Bei solchen Artikeln bleibt mir doch nur der Blick in die Nachdenkseiten, wenn ich mir die Frage stelle, ob mich dieses Gespräch eigentlich ganz alleine empört oder ob es noch andere Bürger gibt, die dem Inhalt fassungslos gegenüberstehen- und die sich die Frage stellen, ob es wirklich eine so gute Idee ist, derartige Politiker seitens des Westens zu unterstützen! Und dass ich in der FR nur was von „verständlicher Schmerz“ und anderen in dem Zusammenhang für mich unerträglichen Rechtfertigungsversuchen lese, bedaure ich sehr, denn an sich halte ich die FR schon für eine vergleichsweise ausgewogene Zeitung, die auch mal „wider den Stachel löckt“.

    Fragen Sie sich doch bitte nur einmal, was los wäre (in Medien und der Politik), wenn nicht Frau Tymoshenko diese Sätze gesagt hätte sondern z.B. Putin???

  25. Hallo Pascal!

    „Ist denn noch niemandem aufgefallen, dass es auf den Nachdenkseiten keine Diskussionen gibt? Die wissen genau warum: Die wüssten vor Kritik nicht mehr, wohin sie noch schauen sollten. Nein, die Nachdenkseiten verkünden nur. Sehr bequem. Kritik nach allen Seiten austeilen, aber selber keine einstecken wollen. Das spottet nicht nur jeder Diskussionskultur im Netz, sondern das ist geradezu erbärmlich!“

    Eigentlich habe ich gar kein Interesse, die Nachdenkseiten zu verteidigen. Ich muss aber doch ein Faktum anführen, das deine Darstellung relativiert: Die Nachdenkseiten leben von Spenden. Die Macher nehmen kein Geld. Sie schreiben, es übersteige die Möglichkeiten ihres Engagements, wenn sie noch zusätzlich Blogs moderieren sollten. Also so eine Art Bronski für die Nachdenkseiten zu machen. Bronski wird bezahlt, kann davon leben und ist derzeit in seinem, wie auch schon anderswo erwähnt, wohlverdienten Urlaub. Der Träger der NDS ist ein Verein. Er heißt „Initiative zur Verbesserung der Qualität politischer Meinungsbildung e.V“. Sein Ziel, so steht’s in der Satzung: „Der Verein verfolgt mit der Initiative zur Verbesserung der Qualität politischer Meinungsbildung ausschließlich gemeinnützige Zwecke und ist selbstlos tätig.“

    Ich stimme Bronski absolut zu: Gegenüber Putin scheinen manche Leute unfähig zu sein zu Kritik.

    Das ist richtig. Sogar unser Altkanzler Schmidt reiht sich seit heute ein, der die beschlossenen EU-Sanktionen als „dummes Zeug“ bezeichnet.

  26. AH, #23
    „Dass die USA selber das Völkerrecht brechen und gestalten, wann immer es ihnen in den Kram passt, wird geflissentlich übersehen und sicherheitshalber genausowenig thematisiert wie die Frage nach der Rechtmäßigkeit der “neuen ukrainischen Regierung” oder deren Zusammensetzung.“
    Das ist schlicht und ergreifend unwahr. Allein hier im Bronski-Blog gab es 9 Threads zu Irak (!) zwischen 2005 und 2008, und zu Afghanistan 4.
    „Fragen Sie sich doch bitte nur einmal, was los wäre (in Medien und der Politik), wenn nicht Frau Tymoshenko diese Sätze gesagt hätte sondern z.B. Putin???“
    Umgekehrt wird ein Schuh daraus.
    Wie ich in #18 angedeutet habe recherchiere ich z.Zt. bei Faz.net über Methode und Hintergründe des Shit-Storms gegen EU in diesem Forum (soll es bei anderen auch geben).
    Ein Ergebnis: Gestern erschienen zeitgleich 2 Artikel in Faz.net, einer zu den über 500 Todesurteilen gegen Moslembrüder in Ägypten, der andere zu dem idiotischen Telefongespräch der Frau Timoschenko. Kommentare dazu (im Augenblick): Ägypten 11, Timoschenko 421. Letztere fast ausschließlich in hysterischem Ton mit Zweck der Denunziation von Merkel und EU.
    Zusätzlich erhalten die Hetzkommentare, aufgeplustert mit viel Empörung und „Moral“, die mit Abstand meisten Zustimmungen, sachliche und nachdenkliche Beiträge werden praktisch ignoriert. Übrigens: Ganz anders als Sie behaupten, wird (zumindest bei Faz.net) alles, was an Putins Politik problematisch ist, so gut wie völlig ignoriert.
    Verlogener geht es nicht mehr.
    Ob diese Hetze von „links“ oder „rechts“ kommt (vermutlich aus beiden Richtungen) ist mir ziemlich schnurz egal. Entscheidend ist: Was wird damit bezweckt und wem nützt das alles. Der Glaubwürdigkeit von Politik, die von solchen Foristen permanent beschworen wird, mit Sicherheit nicht.

  27. @ Werner Engelmann:

    Meine Bemerkung bezog sich ausdrücklich NICHT auf Foren oder andere Diskussionsplattformen sondern auf die Presselandschaft in Deutschland, wenn Sie so wollen also auf die „offiziellen Medien“! Da dürfte das Verhältnis genau umgekehrt prozentual zu dem von Ihnen recherchierten Ergebnis in den Foren sein.

    Ich bleibe mal bei dem Beispiel mit dem Telefonat von Frau Tymoshenko (es war „idiotisch“ da gebe ich Ihnen recht). Wie dieses Telefonat und dessen Inhalt in der FR vom heutigen Tage von Herrn Esch verteidigt und verharmlost wird, finde ich gelinde gesagt erstaunlich. Er spricht von einer „emotionalen Politikerin“, deren „Schmerz“ man gut nachfühlen könnte. Und ich würde jede Wette gehen, dass ganz andere Töne in der FR (aber auch in nahezu allen anderen Medien) zu lesen gewesen wären, wenn Putin per Telefon bekanntgegeben hätte, dass er Herrn Jazenjuk gerne mal eine Runde in den Kopf schießen würde oder dass er alles tun würde, damit von der Ukraine „nicht mal mehr ein verbranntes Feld übrig bleibt.“

    In dem Artikel von Herrn Esch findet sich nicht ein einziges Mal wenigstens die Andeutung einer Frage danach, ob man im Westen tatsächlich mit Leuten Politik gemeinsam gestalten möchte, die eine derartige Einstellung haben wie Frau Tymoshenko, Herr Esch beschränkt sich auf den Hinweis, dass sie „charismatisch“ sei- wie wichtig!

    Dass dies in den Foren anders gesehen wird, zweifle ich nicht an- es geht mir um die Presse und andere Medien.

    Ich hoffe, das ist nun etwas klarer geworden!?

    Und noch eins zu Ihrer „Qualifizierung“ von Kommentaren. Sie nehmen sich selber die Freiheit heraus, Ihre Meinung zu schreiben und ich würde nicht im Traum darauf kommen, ihre Artikel als „linke oder rechte Hetze“ zu verurteilen bzw. Beiträgen, die nicht mit meiner Ansicht übereinstimmen als Hetzkommentare zu bezeichnen und nur Beiträge, mit denen ich inhaltlich übereinstimme als „sachlich und nachdenklich“. Das mögen Sie persönlich so empfinden, das saget aber nichts über die Qualität der Beiträge in den Augen eines anderen Betrachters aus. Man sollte andere Meinung respektieren- auch wenn sie einem nicht in den Kram passen! Das gilt vor allem in den Foren, wo im Regelfall keine pofessionellen Schreiber unterwegs sind. Foren sind doch- im Gegensatz zu einem journalistischen Artikel in einer Zeitung- grade dazu da, seine Meinung veröffentlichen zu dürfen!

  28. @ Engelmann

    „Zusätzlich erhalten die Hetzkommentare, aufgeplustert mit viel Empörung und „Moral“, die mit Abstand meisten Zustimmungen, sachliche und nachdenkliche Beiträge werden praktisch ignoriert. Übrigens: Ganz anders als Sie [= AH] behaupten, wird (zumindest bei Faz.net) alles, was an Putins Politik problematisch ist, so gut wie völlig ignoriert. Verlogener geht es nicht mehr.“

    Herr Engelmann, Sie geraten ja völlig aus dem Häuschen! Was „Hetzkommentare“ sind, lässt nicht immer eindeutig beantworten. Es kommt auf den Standpunkt an. Ich gehe davon aus, dass Ihre empirischen Befunde richtig sind. Die Schlussfolgerungen teile ich nur bedingt. Ich vermute, wir erleben gerade einen gewaltigen Dissens zwischen der Presse und den im Internet Kommentierenden. Die Presse erscheint als Meinungsblock, egal, welches Medium ich mir antue. Natürlich gibt es einige Ausnahmen, aber diese sind nicht in den Publikationen (ARD, ZDF, Spiegel, Bild,…) zu finden, die die meisten Menschen erreichen und oft als Leitmedien bezeichnet werden. Das Informations- und Meinungsmonopol der Presse verliert derzeit an Autorität und wird hinterfragt.

    Von den US-Amerikanern haben wir beispielsweise den embedded Journalism der handverlesenen Berichterstatter kennengelernt. Wir wissen heute, auch dank der Nachdenkseiten, wie Meinungsmache organisiert wird. Dass manche Netzaktivisten mit ihren Statements über’s Ziel hinausschießen und unbedacht emotional argumentieren, liegt evtl. auch daran, dass sie nicht gelernt haben, wie eine Position zu vertreten ist, damit sie vermeintlich sachlich rüberkommt. Die Kunst des Profi-Schreibens besteht ja gerade darin, Unsachliches als das Gegenteil erscheinen zu lassen. Diesen ausgebufften Strategen der Meinungsmache sind Blogger, zu denen ich mich auch zähle, nicht immer gewachsen.

  29. Oh, das mögen die Mächtigen!!! Wenn ihr euch auch noch streitet. Sie lieben es, die Machthaber! Heißt es doch: Wenn 2 sich streiten, freut sich der Dritte!
    Ich sagte es hier schon einmal. Egal, ob Timoschenko, Putin, Obama, Baroso usw. usf. – sie stecken alle unter einer Decke und spielen uns hier ein Theater-oder auch Kindergartenstück vor. Titel: „Wie können wir die 80% Sklaven weiter unterdrücken?“
    Für uns Deppen, die immer noch glauben, Demokratie wäre VOLKS-Herrschaft. Ha, da kann ich nur (wahlweise) lachen, heulen oder kotzen.
    Außerdem stecken diese Machthaber nicht nur unter einer Decke, sie sind ebenso strikte Materialisten, Nationalisten, bekommen unendlich viel „Kohle“ für Nichts (oder dafür, dass sie die Erde kaputt spielen)…- und sie sind in Kreise involviert, die in keinem Medium je genannt werden. Auch nicht genannt werden dürfen.
    Leute zieht eure Schlafmützen von den Köpfen, hört auf euch zu fetzen und erkennt, worum es wuirklich geht.
    Um die Ukraine mit Sicherheit nicht!
    Aber wir wollen ja lieber Deppen sein…
    Gute Nacht

  30. Tja, Herr Esch scheint Frau Timoschenko persönlich zu kennen. Das scheint seinen persönlichen Blick auf den Mitschnitt zu trüben. Für mich klingt das, was Timoschenko da gesagt hat, im Prinzip nicht viel anders als das Zeug, das hier gerade bei uns kursiert. Ein Vergewaltiger ist rausgekommen und lebt jetzt in unserer ferneren Nachbarschaft, und die Menschen rotten sich zusammen und fordern: Lebenslang wegsperren. In der Wut und in der Angst übertreibt der Mensch. Wenn die Situation so war, wie Esch sie schildert, dann kann ich Timoschenkos Wut verstehen. Dass mit der Atombombe geht natürlich trotzdem nicht. Aber ich war noch nie Timoschenko-Fan. Hoffentlich wird diese Frau nicht wieder gewählt.

    Was die FR aber nicht hinterfragt, und auch ihr vermeintlich so kritischen Foristen hinterfragt das nicht, das ist: Woher kommt der Telefonmitschnitt? Wer hat ihn veröffentlicht? Mit welchem Ziel? Warum ausgerechnet jetzt? Es ist wohl der FSB gewesen, und er hat wohl das Ziel verfolgt, Timoschenko unmöglich zu machen. Und was tun die Foristen der FR? Sie gehen Putins Propaganda zu hundert Prozent auf den Leim und debattieren jetzt über Timoschenkos Fischen am rechten Rand, was ja geradezu nach einem russischen Einmarsch schreit. Na, das ist ja wirklich tausendmal besser als einer von Uwe Krüger entlarvten Medienverschwörung alles abzunehmen, was sie so an Mainstream produziert.

    Das sollen kritisch denkende Menschen sein? Pfui!

    Und was die Nachdenkseiten betrifft: Ich bleibe bei meiner Kritik. Ich habe mehrfach Mails an die Macher geschickt und keine Antwort bekommen. Das mag damit zusammenhängen, dass ich mich in meinen Mails ziemlich kritisch geäußert habe. Der Verein ist gemeinnützig, okay. Ich bleibe dabei: Wer Debatten anstößt, sollte sie auch diskutieren lassen. Für mich sind die Nachdenkseiten nicht mehr als Promo für schlecht geschriebene Bücher. „Meinungsmache“ von Müller habe ich nach fünfzig Seiten weggelegt und die Euro bedauert, die ich dafür ausgegeben habe. Ständige Widerholungen wie ein Mantra, als ob etwas wahrer wird, wenn man es nur oft genug behauptet, und eine ganz dünne Faktenlage konnten mich nicht überzeugen.

  31. A.H., # 26:
    Timoschenko: Ich habe den Kommentar von Herrn Esch gerade erst gelesen, halte ihn für wenig informativ. Ein Hinweis auf die konkreten Umstände, unter denen eine völlig inakzeptable Äußerung entsteht, ist aber durchaus korrekt. Ich sehe nicht, wo Herr Esch sie „verteidigen“ würde.
    Generalisierende Verurteilungen wie die von Stefan („Egal, ob Timoschenko, Putin, Obama, Baroso usw. usf. – sie stecken alle unter einer Decke“ #28) entbehren jeglicher Grundlage. Sie sagen sehr viel mehr über die völlige Entpolitisierung des Sprechers als über die genannten Personen aus.
    Aufschlussreich, dass z.B. Norbert Röttgen und Erhard Eppler bei Anne Will heute Abend (bei manchen Meinungsverschiedenheiten) durchaus einig darin sind, dass die EU der Ukraine Hilfe gewähren soll, dies aber auch mit Auflagen verbinden muss – was aber auch bereits geschieht (so Minderheitenschutz, Integration von Russen).

    Rudi (#27): „Was “Hetzkommentare” sind, lässt nicht immer eindeutig beantworten. Es kommt auf den Standpunkt an.“
    Falsch. Es kommt nicht auf den eigenen Standpunkt an, sondern (1) auf sachliche Bemühung um wirkliche Zusammenhänge und Kontext und (2) auf Vergleich mit der Darstellung im hetzerischen Kommentar. In der Regel lässt sich dieser (1) an seiner höchst emotionalisierten Wortwahl, (2) an sehr hoher Verallgemeinerung und (3) an fehlender Begründung erkennen.
    a) Zur Wortklärung
    „Hetze“ laut Duden: die Gesamtheit unsachlicher, gehässiger, verleumderischer, verunglimpfender Äußerungen oder Handlungen, die Hassgefühle, feindselige Stimmungen und Emotionen gegen jemanden oder etwas erzeugen.
    b) Damit klar ist, worüber ich rede, hier einige Beispiele von Äußerungen von Foristen zu EU: „EU-Handlanger“, „EU-Ideologen“, „EU-Verbrecher“, „europäische Volksschädiger“, „Polit-Parasiten“, „kriminelles Parteiengesindel“ u.s.w.
    Hier sind alle Kriterien der Definition von „Hetze“ im Duden erfüllt. Was hat das mit „Meinung“ zu tun? Und, A.H., wie kommen Sie darauf, ich würde hier Meinungen zensieren wollen?
    Ich frage mich auch, wie Sie, Rudi, aus meinem Hinweis auf eine Analyse schließen, ich sei „aus dem Häuschen“. Allerdings habe ich bereits genügend analysiert, was in den Bereich „Hetze“ fällt
    (so etwa verschiedene Goebbels-Reden), um dies nicht als völlig unbedeutend und harmlos anzusehen. Und wenn man sich ein Bild machen will, in welches Fahrwasser man kommen kann, wenn man „Hetze“ mit „Meinung“ verwechselt, dann befasse man sich mit der deutschnationalen Presse eines Hugenberg in der Weimarer Republik.

  32. @ Pascal:

    Vielleicht denken Sie einmal darüber nach, dass der (selbstverständlich böse) russische Geheimdienst, dieses Gespräch nicht hätte „leaken“ können, wenn Frau Timoschenko so einen Unfug und Schwachsinn nicht geäußert hätte.

    Die Zeiten, wo der Überbringer der schlechten Nachrichten der Schuldige war und geköpft wurde, sind ja nun wohl vorbei.

    Aber was Sie da machen (und was ja auch Herr Esch in seinem Kommentar gemacht hat) ist das übliche Ablenkungsmanöver. Das Telefonat und sein Inhalt treten in den Hintergrund und man sucht sich einen Nebenkriegsschauplatz aus.

    Natürlich ist das Telefonat vom FSB veröffentlicht worden und natürlich verfolgt dieser damit auch ein Ziel (wie übrigens jeder Geheimdienst der Welt, Ziele verfolgt). Nur entscheidend ist doch, dass Frau Timoschenko die wesentlichen Teile des Telefonats zugegeben hat- und in meinen Augen (!!!) disqualifiziert sich jemand, der sich so wenig im Griff hat, für ein höheres Staatsamt!

    Man stelle sich nur mal vor, dass Frau Timoschenko in die Lage versetzt würde, ihre wüsten Träumereien in die Tat umzusetzen, weil sie eine entsprechende Position bekleiden würde. Oder nehmen wir mal den Osten der Ukraine. Was würden die dort lebenden „Russen“ wohl von einer Präsidentin Timoschenko halten, die ihre „Russenfreundlichkeit“ grade so eindrucksvoll demonstriert hat?

  33. @ Engelmann

    „Was ‚Hetzkommentare‘ sind, lässt nicht immer eindeutig beantworten. Es kommt auf den Standpunkt an.“ „Falsch.

    Jetzt machen Sie erstmal den Oberlehrer, der einem Schüler ein Falsch reinwürgt, um gleich noch hinterherzukarren, er solle sich erst mal informieren, bevor er sich äußert:

    „Und wenn man sich ein Bild machen will, in welches Fahrwasser man kommen kann, wenn man „Hetze“ mit „Meinung“ verwechselt, dann befasse man sich mit der deutschnationalen Presse eines Hugenberg in der Weimarer Republik.“

    Um dann noch eins draufzusetzen, sich an die Brust klopfend schreibt:

    „Allerdings habe ich bereits genügend analysiert, was in den Bereich „Hetze“ fällt(so etwa verschiedene Goebbels-Reden, um dies nicht als völlig unbedeutend und harmlos anzusehen.“

    Das ist die vornehmere Art, die Ellenbogen auszufahren. Ihren Diskussionsstil, den Sie in Ihrem Posting verwenden, kennt man zu Genüge aus den Talk-Runden:

    Erster Schritt: Was du sagst, ist falsch!
    Zweiter Schritt: Bevor du dich äußerst, mach dich erst mal schlau!
    Dritter Schritt: Zeigen, dass man selbst der vermeintliche Experte ist.

    Diskutanten wie Sie, die sich ausdrücken können, sind einfach besser dran, wenn’s um’s Verstecken der Strategie geht, als solche, die nicht über einen reflektierten Wortschatz verfügen und deren Äußerungen auf Reizwörter reduziert vermeintlich leicht identifizierbar als Hetze gebrandmarkt werden können.

  34. @ Rudi

    Vielleicht lesen Sie nochmal, was ich wirklich ausgeführt habe, ohne etwas hineinzulesen und ohne Unterstellungen und Beleidigungen:
    1) Zwischen Meinung und Hetze zu unterscheiden, ist objektiv möglich (so auch die Definition des Duden) Und es ist nicht, wie Sie meinen, bloße Ansichtssache.
    2) Historische Erfahrungen mit Hetze in der Weimarer Republik zeigen, wie notwendig dies ist.
    3) Ich weise Ihre Unterstellung über meinen Gemütszustand, von dem Sie gar nichts wissen können, zurück, ohne Sie meinerseits anzugreifen.
    4) Ich spreche schließlich davon, wie ICH zur Aussage komme, dass die Verwechslung von Meinung und Hetze nicht harmlos ist.
    Zu keinem dieser Aussagen nehmen Sie nur im geringsten Stellung. Stattdessen verschärfen Sie erneut den Dialog mit neuen, persönlich beleidigenden Unterstellungen (erst „aus dem Häuschen“ – dann „Oberlehrer“ – was nun? Beides passt ja wohl nicht zusammen.)
    Wenn Sie nicht bereit sind, andere Meinungen zu akzeptieren oder – wenn Sie es besser wissen – diese sachlich zu widerlegen und nicht ohne persönliche Angriffe auskommen, sehe ich keinen Sinn in der Fortsetzung des Dialogs.

  35. @Engelmann

    Zunächst wollte ich auf den von Ihnen praktizierten Diskussionsstil – den Dreischritt – hinweisen. Ich denke, das ist transparent geworden. Zu meiner von Ihnen inkriminierten Aussage: „Was Hetzkommentare sind, lässt nicht immer eindeutig beantworten. Es kommt auf den Standpunkt an.“ stehe ich immer noch. Was Sie als Beleidigung ansehen, wenn ich den Eindruck gewonnen habe, dass Sie mit Ihren Äußerungen „aus dem Häuschen“ geraten seien, empfindet ein anderer, z.B. ich, nicht. Wenn Sie auf mich bezogen dieses Wort verwendeten, okay. Da würde mir kein Zacken aus der Krone brechen.

    Nun habe ich aber geschrieben „lässt sich nicht immer eindeutig beantworten“. „Nicht immer“ bedeutet, dass es schon eine verbindliche Klarheit darüber geben kann, was unter einem Hetzkommentar zu verstehen ist. Das haben Sie leider nicht beachtet. Denn Sie haben, ohne Oberlehrer sein zu wollen, einfach geschrieben: „Falsch.“ Der so von Ihnen Beurteilte hat dann schon eine gewisse Berechtigung zum Ausdruck zu bringen, sich oberlehrerhaft behandelt zu fühlen, finde ich. Über den von Ihnen angeführten Begriff „Polit-Parasit“ ist wohl Konsens herzustellen. Mir kam es in meinen Beiträgen zu dieser Thematik darauf an, dass es in diesem Feld eine gewisse Eloquenz gibt, die nicht immer offensichtlich macht, dass Aufwiegelei vorliegt. Sarrazin hat hier breite Spuren hinterlassen.

    P.S.: „Zu DDR-Zeiten war der ‚Oberlehrer‘ keine Amtsbezeichnung, sondern ein vom Staat verliehener Ehrentitel.“ (Wikipedia)

  36. @ Rudi,#34
    DDR-„Oberlehrer“: klingt schon fast nach Satire, wirft zumindest die Frage nach dem Selbstverständnis auf.
    Sarrazin: Ob ihm wirklich „Eloquenz“ zuzuschreiben ist, möchte ich nicht beurteilen. Um das zu überprüfen, wäre mir die Zeit zu schade. Wenn ja, dann macht es die Sache nur noch schlimmer.
    Dazu: Zumindest einige der von mir zitierten Beschimpfungen zu EU stammen von bekennenden AfD-Anhängern (bei allen ist es nicht eindeutig nachweisbar). Diese wiederum schätzen sich selbst als überdurchschnittlich „intellektuell“ ein.
    Mir fällt dabei der erste Hitler-Attentäter, Georg Elsner ein, der Jahre vor den anderen gemerkt hat, was hier Sache ist und gehandelt hat. Der war alles andere als ein Intellektueller.
    Duden-Definition von „Hetze“: Bei genauerem Nachdenken halte ich es doch für kritisierenswert, dass nicht zwischen „Äußerungen“ und „Handlungen“ unterschieden wird. Zunächst bezieht sich „verleumderisch“ per se auf den verbalen Bereich.
    Freilich können Handlungen daraus entstehen. So in Weimar die Ermordung von Erzberger und Stresemann als direkter Folge von deutschnationaler Hetze, ähnlich beim Dutschke-Attentat und heute im islamistischen Bereich. Dennoch liegt das auf einer anderen Ebene, denn es muss noch einiges an Gewaltbereitschaft dazu kommen.
    Auch aktuell, bei der Ukraine-Krise, finden sich wieder sehr problematische Gleichsetzungen und Vergröberungen: Die weit überwiegende Mehrheit äußert sich beim Fall Timoschenko so, als habe sie Putin bereits das Gewehr auf die Schläfe gedrückt. (Was keinesfalls als Entschuldigung zu verstehen ist.) Oder beim „faschistischen“ Majdan: Reale Chancen der Rechtsradikalen bei den Präsidentenwahlen nach neuesten Umfragen: unter 3 %.
    Aber die genauen Umstände, die reale Gewichtung interessieren jemanden, der Emotionen schüren will, gerade nicht. Und genau das ist das Problem. Denn es ist anti-aufklärerisch par excellence.

  37. „Intellektuell“ oder „bodenständig“ zu sein, schützt nachgewiesenermaßen nicht vor verbrecherischer Gesinnung.

  38. Um mal den Fokus wieder auf die Sache zu lenken (sorry Rudi und Herr Engelmann), möchte ich heute (natürlich subjektiv eingefärbt) mal wieder darüber berichten, wie einseitig in meinen Augen leider auch die FR über den Konflikt in der Ukraine berichtet.

    Ich hatte ja schon mehrfach die „Berichte“ von Herrn Esch kritisiert (letztmals dessen verständnisvoller Bericht über die unsäglichen Aussagen von Frau Timoschenko).

    Nun hat sich die FR in Bericht und Kommentar am Freitag dazu hergegeben, die Aussagen von Helmut Schmidt in einem ZEIT-Interview zu verunglimpfen. Schon auf der Titelseite „rügt“ Tom Koenigs den Altkanzler als „peinlich“ (wodurch er sich dazu berechtigt fühlt einem Menschen zu unterstellen, er ruiniere seinen Ruf, nur weil dieser eine andere Meinung hat als Herr Koenigs selber, bleibt mir rätselhaft).

    Natürlich kommt auch Herr Koenigs nicht ohne die beliebte Beschimpfung „Putin-Versteher“ aus (na ja, wo man in der Sache selber schwache Karten hat, muss man wohl auf diesen (Entschuldigung) Schwachsinn zurückgreifen- ich nenne ja auch Herrn Koenigs nicht einen „Russenhasser“ nur weil er zu dem Thema eine andere Meinung hat als ich- dieses Niveau ist mir jedenfalls fremd!).

    Der Kommentar von Herrn Bommarius setzt dem Ganzen dann noch einen drauf. Er schreibt in seinem Kommentar, dass er Herrn Schmidts Ansicht, das Völkerrecht sei so oft gebrochen worden, dass man die Meinung haben könnte, das es gar nicht mehr gilt, nicht teilt, weil man dann auch die StVO außer Kraft setzen könne und fordert, die Sanktionen für Völkerrechtsbruch zu verschärfen.

    Generell habe ich da nix gegen- dann aber bitte für alle Völkerrechtsbrüche- auch für solche, die der Westen im Namen der Demokratie oder sonstiger höherer Werte begangen hat (denn leider ist es so, dass die Begründung immer im Auge des Betrachters liegt und keinesfalls objektivierbar ist).
    Ich warte also auf entsprechende Kommentare des Herrn Bommarius, wenn die USA die nächste Drohne einsetzen oder Israel die nächste Siedlung im Palöstinensergebiet baut (oh ja, jetzt wird mir wieder Antisemitismus und Antiamerikanismus unterstellt werden- ich weise das aber entschieden zurück) oder vielleicht müssen wir ja auch die Türkei wieder/endlich einmal sanktionieren, weil die immer noch Nordzypern besetzt hält Herr Bommarius?

    Im übrigen sollten Sie wenn schon dann auch das ganze Interview lesen. Herr Schmidt sagt gleich in seiner zweiten Antwort „Das Völkerrecht ist sehr wichtig, aber es ist viele Male gebrochen worden. Zum Beispiel war die Einmischung in den lybischen Bürgerkrieg nicht in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht; der Westen hat das Mandat des Sicherheitsrates weit übezogen.“ Was an dieser Aussage „peinlich“ ist, Herr Koenigs, ist für mich nicht zu erkennen.

    Daran ist im Gegenteilsehr deutlich ablesbar, dass Schmidt das Problem des Völkerrechts nicht als „Rechtsproblem“ betrachtet (wie der Kommentar von Herrn Bommarius insinuiert) sondern als politisches Problem- nach dem Motto „Jeder bricht das Völkerrecht, wenn es ihm grade passt und dadurch wird die Verurteilung eines Völkerrechtsbruchs eben immer schwieriger, weil jeder sich seine eigenen Präzedenzfälle schafft und es kein unabhängiges „Gericht“ gibt, dass den Bruch danach beurteilen könnte, ob dieser gerechtfertigt war oder nicht“.

    Anstatt sich mit dieser Aussage in der Sache zu beschäftigen hauen Tom Koenigs und Christian Bommarius tumb auf den Interviewten ein- wie billig.

    Erfreulicherweise war der Kommentar des Herrn Schmale in der gestrigen Ausgabe dann wieder sehr klar- danke dafür. Gottseidank gibt es immer wieder auch mal Kommentare und Berichte, die mir den Glauben an die FR wiedergeben- aber leider muss ich zwischendurch auch immer wieder mal kräftig schlucken (und zwar meinen Ärger hinunter:-), wenn ich das ein oder andere lese- aber das geht ja sicher nicht nur mir so.

    Subjektiv hätte ich mir in der FR im Hinblick auf die Ukraine etwas mehr Berichte gewünscht, die sich mit der Entwicklung dort und mit den Hintergünden der Regierung und der sie tragenden Parteien, etwas kritischer beschäftigen. Oder mit den geopolitischen Interessen der EU und der USA. Ich habe in der FR bis heute keine Analyse etc. gesehen, die der Frage nachgeht, warum sich die USA und die EU denn so in der Ukraine engagieren- dabei würde mich das wirklich mal interessieren- und ich hoffe mal, nicht nur mich.

    Vielleicht könnten Sie weniger „Tränendrüsenstories“ a la Esch bringen und dafür mehr sachliche Analyse? Mich würde es freuen.

  39. @ A.H

    Zu Tom Koenigs und den FR-Machenschaften sollte Werner Engelmann seine hier dargelegten Maßstäbe anlegen. Das Thema ist zwischenzeitlich etwas abgedriftet, kommt aber mit Koenigs‘ Äußerungen wieder zurück. Und zwar doppelt: einmal zu Russland und der Ukraine, und zum anderen zur Definition ‚Hetzkommentar‘.

    Dass der Grüne Tom Koenigs mit seinem Meinen auf die erste Seite der FR gelangt, lässt die Redaktion keine gute Figur zelebrieren. Denn diese Äußerungen haben etwas mit dem zu tun, was Werner Engelmann als Hetzkommentar einordnen könnte: „Ich verstehe nicht, wieso Schmidt mit 95 Jahren nicht nur seine Lunge, sondern auch seinen guten Ruf ruiniert“, zitiert die FR den Grünen-Politiker, nur weil der Altkanzler anmahnt, Verständnis für die Lage Russlands aufzubringen. Mit dieser Polemik versucht Koenigs die Reputation und die Persönlichkeit des Altkanzlers madig zu machen. Ein Verfahren, um sich mit dem Inhalt und der Begründung Schmidts Erkenntnis nicht direkt auseinandersetzen zu müssen.

    Wenn man sich kurz vor Augen führt, nach welcher Doktrin die Brandt-Regierung ihre Entspannungspolitik in Richtung UdSSR betrieb, nämlich ‚Wandel durch Annäherung‘, erscheint Tom Koenigs als kalter Krieger: „Den Putin-Verstehern sei gesagt: Es geht nicht um Putin, sondern um imperialistische Bestrebungen eines historischen Weltreichs, das jetzt sehr reduziert ist und sich mit Waffengewalt wieder ausdehnt.“ Sollte die FR-Redaktion mal in ihrem Archiv forschen, würde sie bei Franz-Josef Strauß und Konsorten fündig werden, die damals im selben politischen Duktus gegen die Ostpolitik der SPD/FDP-Regierung Stimmungsmache betrieben.

    Ich bezweifle, ob es sich in dieser Angelegenheit um gute journalistische Arbeit handelt. Ein Grünen-Politiker wird an exponiertester Stelle in der Zeitung mit kruden Äußerungen positioniert, um dann mit einem journalistischen Kommentar nochmals den angegriffenen, wie Christian Bommarius zu formulieren beliebte, „Helmut Heinrich Waldemar Schmidt“ abzuwatschen.

  40. @ Rudi:

    Mich empört schon die Tatsache, dass auch Herr Koenigs (vielleicht mangels Willen oder mangels Argumenten) alle diejenigen, die versuchen, in der Ukrainefrage differenziert zu denken als „Putin-Versteher“ abwatscht und mich macht es traurig, dass die FR derartigen recht inhaltslosen Vorwürfen eine derartige Plattform gibt!

    Man kann ja durchaus verschiedener Meinung sein darüber, was wer in der Ukraine zu verantworten hat (wobei ich noch einmal betonen möchte, dass Putins „Griff nach der Krim“ in meinen Augen durchaus völkerrechtswidrig war; man darf aber mit Helmut Schmidt die Frage stellen, ob das Völkerrecht in den vergangenen Jahrzehnten nicht derart ausgehöhlt worden ist (und hier mehrheitlich durch „den Westen“), dass man damit nur schlecht argumentieren kann- und wenn man damit argumentieren möchte, dann muss sich Herr Koenigs die Frage stellen lassen, welche anderen Völkerrechtsbrüche denn sonst noch sanktioniert werden müssten- ich warte da schon auf Vorschläge dieses Herrn)

    Und – leider auch wieder eher „ungeil“ – auch heute setzt die FR die Einseitigkeit in der Berichterstattung im redaktionellen Teil wieder fort.

    Die Tatsache, dass Russland Neutralität und eine föderale Struktur für die Krim fordert, was angesichts der wirtschaftlichen, politischen, historischen und wohl auch kulturellen und sprachlichen Unterschiede zwischen z.B. Lemberg und Donezk ja nicht ganz von der Hand zu weisen ist, wird mit der Überschrift „Moskau hat noch nicht genug“, Untertitel „Ost-Ukraine im Blick“ wieder ins „antirussische“ gewendet. Jemand, der nur die Überschriften liest, muss doch vermuten, dass Russland sich nun die Ostukraine einverleiben will.

    Ich kann das nicht wirklich verstehen. Anstatt sich inhaltlich (von mir aus auch gerne kritisch oder als „pro & contra“ mit dem Vorschlag auseinanderzusetzen) wird der Blick des Lesers wieder einmal in eine bestimmte Richtung gelenkt! Warum mach man das?

  41. Der Artikel ist in vielen Aspekten richtig, trotzdem muss ich einige Sachen ansprechen. Ich bin schokiert, wie leicht man im Falle Krim Vergleiche mit den Sudeten von 1938 macht. Das ist kein Anzeichen einer rationelen Diskussion. In deutschen Medien löscht man oft, wenn man irgendwelche Vergleiche mit den Nazis macht, in diesem Falle ist es offensichtlich kein Problem. Klar, dass Russland auf dem Krim Völkerrecht verletzt hat, aber desswegen die Sudeten 1938 zu erwähnen, ist zu mindest ubertrieben. Die Situation von Krim und Sudeten ist unterschiedlich.

    Der Vergleich mit den Sudeten passt nicht nur aus folgendenen Grunden:
    In der Tschechoslowakei 1938 gab es keine Revolution, die damit enden würde, dass der „legitime Präsident Henlein“ durch die Benesch-Demonstranten vertrieben würde. Der Henlein war nie der Präsident der Tschechoslowakei und wurde nie von dem Parlament verfassungswidrig von Amt entfernt, wie es im Falle Janukowitsch der Fall war.
    Ausserdem, auch ein Drittel der Verfassungsrichter wurde nach der Revolution in Kiew vor Ablauf ihrer Amtszeit verfassungswidrig ausgetauscht und so indireckt eine Verfassungsänderung gemacht. Davon redet man in Westen nicht, aber die jetzige Verfassungsinterpretation im Kiew hat Problem mit Legitimität. Auch das war in der Tschechoslowakei 1938 nicht der Fall.
    Dazu noch: auf der Ukrajine im 2014 gab es einen Abkommen zwischen Janukowitsch und Opposition, das auch mit Hilfe Russlands und drei EU Aussenministern ausgehadelt wurde. Wenn es dieses Abkommen nicht verletzt wurde, wurde es auch nicht zum Krim-Krise kommen. So was gab es im Jahre 1938 nicht.

    Zum Thema Kosovo:
    Klar, dass Kosovo eine Verletzung der Intergität von Serbien und so ein Prezendenzfall für Krim war. Es ist nicht entscheidend, ob man sich mit einem anderen Staat vereint oder nicht, die Verletzung der territorialer Integrität gibt es. Es ist wirklich auch so wichtig, ob sich Kosovo mit Albanien verbündet oder ob es zwei Regierungen in Tirana und Pristina gibt. Die Verletzung der Integrität Serbiens gab es so wie so.
    Und im Falle des Vergleichs mit Kosovo sollte man noch einige Sachen erwähnen. Was passierte nach dem 1999? Man redet davon im Deutschland kaum, aber nach 1999 wurden die meisten Serben aus Kosovo einfach vertrieben, etwa eine Viertel Million Menschen. Dazu noch Zehntausende von Roma- Bevölkerung. Kaum eine wintzige Minderheit könnte zurückkehren. Ich glaube nicht, dass man diese Säuberung mit schrecklichen serbischen Verbrechen vor 1999 begründen kann, besonders nicht die Gewalt gegen Roma.
    Das ist sicher nicht versprochenes „multiethnisches Kosovo“, das NATO im 1999 angekündigt hat. Und trotz Säuberung hat man Kosovos Unabhängigkeit im 2008 anerkannt. So eine ethnische Säuberung gibt es bislang auf dem Krim nicht und desswegen sollte man die Entscheidung des Krims nicht kritischer sehen als die Entscheidung des im grossen teilen entserbten Kosovos. Die Entscheidung Krims bedeutet nicht das Ende fur Tataren und Ukrainern dort. In unabhängigem Kosovo gibt es kaum eine Zuckunft für die Serben, meisten sind schon weg.
    Und die Annerkenung des Kosovo gleicht in der jetzigen Situation der Anerkennung von Säuberung. Viele der serbischen Vertriebenen haben das als ein wichtiger Signal verstanden und nach dem 2008 haben viele ein Ruckkehrversuch als viel unrealistischer geschätzt. Diese Serben denken, dass mit jeder Anerkennung sinkt die Chance für serbische Rückkehr, weil die Pristina nicht mehr so viele Kompromisse braucht. Gott sei dank, die Tataren und Ukrainern erwartet im Krim nicht derselbe Schicksal.

    Im von Herr Bronski sind auch einige Sachen nicht ganz korrekt. Ich erwähne nur, dass Russisch nicht die „zweite Amtssprache der Ukraine“ ist. Sie hat nur den Status einer Regionalsprache, genauso wie andere Minderheitssprachen in der Regionen, wo die Sprachminderheit zehnprozentig vertreten ist. Der Versuch dies abzuschaffen war desswegen noch schlimmer als irgendeine „zweite Amstssprache“ abzuschaffen.
    Um die Sprachsituation in der Ukraine besser zu verstehen, empfähle ich das Video von Frau Irina Farion, eine Abgeordnete der regierenden Kräften. Ich kann das Video schicken (auf ukrainisch), wo sie die Kinder im Kindergarten belehrt, wie sie heissen sollten. Die Kinder sollen nicht „Wowa“ oder „Mischa“ heissen, man soll nicht die ukrainische Sprache „verbären“. Oder das Kind soll nie Alyona heissen, sonnst soll sie nach „Moskovia“! Das sagt man im Kindergarten und wird dafür Regierungsabgeordnete! So bereitet man ein Paar weitere Krims.

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