Die Meldung schockiert mich: Etwa ein Drittel der weltweit produzierten Nahrungsmittel landet im Müll! Das meldet die Welternährungsorganisation FAO, die eine Studie aufgelegt hat: „Save Food!“ (pdf-Dokument). 1,3 Milliarden Tonnen Nahrung gehen weltweit jährlich verloren oder landen im Müll. Jedes Jahr werfen die Verbraucher der sogenannten „entwickelten Länder“ – oder sagen wir mit der FAO: der „reichen Länder“ – Lebensmittel in einer Menge weg, die der gesamten Netto-Jahresproduktion an Lebensmitteln im Sub-Sahara-Afrika entspricht. Mit dabei: Die Deutschen, die pro Kopf jährlich Lebensmittel im Wert von etwa 350 Euro wegwerfen. Gleichzeitig hungern etwa eine Milliarde Menschen auf diesem Planeten.

Daher starte ich am 18.5.2011 das Projekt Multan. Ich kann das nämlich nicht glauben, was mich selbst und meinen Zwei-Personen-Haushalt betrifft. Vom 18.5.2011 an werde ich ein Jahr lang hier im FR-Blog dokumentieren, wie viele Gramm und Kilo an Essen ich wegwerfe. Ich versichere, dass ich jedes Gramm weggeworfener Lebensmittel transparent und ehrlich offenlegen werde – und zwar in der Blog-Rubrik „Zitat des Tages„. Dabei halte ich meinen Haushalt keineswegs für vorbildlich, auch wenn wir Ökostrom beziehen und mit Erdgas und Kachelofen heizen. Ich will es ganz einfach wissen: Wie viel schmeiße ich wirklich weg? Könnte ja auch sein, dass das Ergebnis unangenehm für mich wird.

Und jetzt kommt’s:

Ich verpflichte mich, nach Abschluss des Projekts die gleiche Summe, die am 17.5.2012 ermittelt sein wird, an eine Organisation zu spenden, die sich um Hungernde kümmert.

Daher auch der Projektname: Multan ist eine Region in Pakistan, die schwer vom Hochwasser des Frühjahrs betroffen war und kaum wieder auf die Beine kommt – hier ein Bericht auf welthungerhilfe.de. Ob die Spende nach Multan geht, ist dabei natürlich nicht festgeschrieben; das mache ich davon abhängig, wie die Situation dort in einem Jahr ist.

Machen Sie mit!

Das geht ganz einfach:

1. Prüfen Sie, was Sie täglich wegwerfen, und schätzen Sie den Wert.

2. Dokumentieren Sie diesen Wert, indem Sie das jeweilige „Zitat des Tages“ kommentieren. In dieser Blog-Rubrik werde ich täglich die Summen veröffentlichen, die ich wegwerfe, und Sie können das ebenfalls tun. Nutzen Sie dazu das Kommentarfeld unter dem Zitat bzw. Diskussionsstrang. Name (kann auch ein Nickname sein) und Mail eintragen, dann auf „Kommentar abschicken“ klicken, und schon wird Ihr Beitrag veröffentlicht. Wir summieren die Beträge dann gemeinsam.

3. Nach Ablauf des Projekts spenden Sie die Summe, die Sie weggeworfen haben, an eine Hilfsorganisation Ihrer Wahl, die Hunger zu lindern versucht.

Dass man Lebensmittel wegwirft, ist natürlich kein Sakrileg. Es gibt immer mal Essensreste, für die man keine Verwendung mehr hat. Früher, in meiner Kindheit, war das noch anders, da hat man diese Reste zum nachbarlichen Bauernhof getragen und den Schweinen gegeben, die sich mit Freude drauf gestürzt haben, aber diese Zeiten sind wohl für immer vorbei. Doch Lebensmittel im Wert von 350 Euro pro Jahr? Das sind 700 Packungen Spaghetti vom Discounter, über den Daumen gerechnet. Oder 800 Konservendosen gehackte Tomaten, je nachdem wo und wie man einkauft. 39 Kilo Hähnchenschenkel vom Offenbacher Markt. Pro Kopf! Die Liste ließe sich fortführen. Ich glaube das nicht und bin sehr gespannt, was am Ende wirklich für eine Summe zusammenkommt.

Ich würde mich über rege Beteiligung sehr freuen!

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5 Kommentare zu “Projekt Multan (1)

  1. Lieber Bronski,

    obwohl ich Ihre gute Absicht verstehen kann, halte ich Ihre Multan-Aktion für den falschen Ansatzpunkt. Sicher muss ich Bio-Obst und -Gemüse aus lokaler Produktion gelegentlich in den Kompost entsorgen, weil es schneller als mit Pestiziden und anderen Chemikalien behandeltes Zeug vergammelt. Der eingesparte Energie-, Wasser- und Rohstoffgebrauch ist trotzdem ein Beitrag zur Eindämmung des Hungers. Noch größeren Beitrag zur gerechteren Verteilung der Ressourcen leiste ich, wenn ich meinen Fleischkonsum reduziere, weil die sonst für Futtermittel benötigten landwirtschaftlichen Flächen in Lateinamerika, Asien und Afrika für die Produktion von Lebensmitteln für lokale Märkte verfügbar wären. Die Vermeidung der Lebensmittelverschwendung in den reichen Ländern kann außerdem nicht die Verlusste kompensieren, die durch unzureichende Lagerung und Verarbeitung der agrearischen Erzeugnisse in der „Dritten Welt“ entstehen.

    Da haben meine Kinder schon Recht gehabt, wenn ich sie mit dem Hinweis auf hungernde Kinder zum Aufessen motivieren wollte: „Dann schick doch den Rest nach Afrika.“ (Nachbemerkung: So ganz wirkungslos war dann meine Erziehung doch nicht: Meine drei inzwischen erwachsene Töchter achten sowohl darauf, Lebensmittel nicht zu verschwenden, als auch sie sich für Kinder in der „Dritten Welt“ engagieren.)

  2. Lieber Abraham,

    vielen Dank für Ihre Anmerkung. Ich wüsste nicht, welchen Schaden meine kleine Aktion hier anrichten könnte, und verstehe daher auch nicht, warum ich einen „falschen Ansatzpunkt“ gewählt haben sollte. Es geht mir nicht darum, persönliche Verschwendung zu brandmarken – ein Begriff, den ich in meinem Einleitungstext auch bewusst vermieden habe -, sondern lediglich darum, den Wert der Lebensmittel zu ermitteln, die ich wegwerfe. Denn dass in jedem Haushalt Lebensmittel weggeworfen werden, halte ich für normal und unumgänglich. Lebensmittel, die kompostiert werden, zähle ich übrigens nicht dazu, da sie in dem Zustand, in den sie übergehen, weiterhin wertvoll sein können. Ich kompostiere übrigens ebenfalls viel Zeug. Hier soll es nur um das gehen, was einfach in den Müll wandert – wobei man natürlich argumentieren könnte, dass diese Lebensmittel auf der Deponie, wohin sie wandern, ebenfalls noch einen Nutzen haben. Wenn auch einen wohl ziemlich eingeschränkten.

    Es ist ein Selbstexperiment, nichts weiter. Ich bin neugierig auf den Wert, der in meine Mülltonne wandert. Bisher scheint es sich um etwa 60 Cent pro Tag zu handeln, also etwa 220 Euro im Jahr. Damit bliebe der Wert des Weggeworfenen unter den 700 Euro, die im statistischen Mittel für einen Zwei-Personen-Haushalt zu erwarten wären, wäre aber doch deutlich höher, als ich angenommen hatte. Ein Signal zur Weltverbesserung geht von diesem Experiment sicher nicht aus.

    Über die von Ihnen angesprochenen Probleme im Welthandel hatten wir übrigens im Oktober 2010 einen Blogtalk mit Marita Wiggerthale von Oxfam und Roman Herre von FIAN.

  3. Lieber Bronski,

    es liegt mir fern zu behauten, Ihre „kleine Aktion“ würde „Schaden anrichten“ und danke für Ihre Klarstellung.

  4. (die teilweise kleinschreibung und das ersetzen von umlauten durch 2 vokale sind beabsichtigt und kein zeichen von analphabetentum, wie einige vielleicht glauben)

    lieber bronski,

    diesmal melde ich mich nicht mit einer gezeichneten karikatur, sondern mit einem textbeitrag zu deinem thema „projekt multan“ zu wort. Du hast das projekt am 18.05. gestartet und bis zum 23.05. gibt es „nur“ einen kommentar und deine antwort. verwunderlich?

    ich bin der meinung, dass viele inzwischen weit weg von einer „hamster- oder weg-werf-mentalitaet“ sind. In meinem 2 personen haushalt, der regelmaessig am wochenende auf einen 4 personen haushalt anwaechst, hat sich das einkauf- und konsumverhalten bereits seit laengerem dahingehend entwickelt und geaendert, dass wir nur noch das einkaufen, was wir auch wirklich brauchen. nicht nur die benzin- sondern auch die lebensmittelpreise sind drastisch angestiegen und das nicht nur bei uns. ich war fast 5 wochen in den usa, da ist der preisanstieg noch rasanter.

    die konsequenz daraus ist fast zwangslaeufig. man ueberlegt zudem -und das ist in meinem freundes- und bekanntenkreis durchgehend der fall, ohne dass grossartige ueberzeugungsarbeit geleistet werden musste- ob das bisherige (fr)essverhalten noch zeitgemaess oder besser „gesund“ ist. Fast alle haben eingesehen, es muss einiges geaendert werden.

    so ist unser kohlehydrate- und fettkonsum erheblich gesunken. man fuehlt sich wesentlich besser, wenn man morgens nur 1 ei, obst und joghurt isst, mittags viel gemuese mit fisch oder huhn und abends salat (primaer tomaten, gurken, radieschen und aehnliches) oder auch mal ein kleines steak.

    meine frau ist da absolut konsequent, ich habe hin und wieder „umfaller“ aber langsam bleib ich auch auf dem gleis. man spart auf diese weise nicht nur geld, sondern ich habe dadurch in den letzten 8 monaten sogar 7 kg abgenommen. Ich denke, rein aus kostengruenden wird in vielen haushalten nur noch das eingekauft, was fuer die naechsten 1-2 tage notwendig ist. In unserem keller gibt es kaum noch dosen, unsere tiefkuehltruhe ist fast leer. wir moegens einfach frisch.

    ein 500g roggen- oder dinkelbrot reicht so problemlos 4-5 tage. Auch wenn es aus einem bioladen ist, schimmelt es merkwuerdigerweise in diesem zeitraum nicht (konservierungsfrei ??), aber das ist ein anderes thema. natuerlich ist unser konsum- und essverhalten nicht auf familien mit 1,2 oder mehr kindern uebertragbar, da wird sicherlich ganz anders geplant, da muss man zudem den wuenschen von 3,4 oder noch mehr personen gerecht werden.

    ich denke, dass viele –natuerlich nicht alle- eltern morgens kaum zeit haben, um mit ihren kindern in ruhe zu fruehstuecken und dass sie abends genauso wenig lust haben, ein schackhaftes und gesundes abendessen zu kochen. was bleibt? man zwingt fast schon die kids und auch sich selbst dazu, sich von fastfood zu ernaehren. Das halte ich fuer ein groesseres problem, als auszurechnen, zu welchem preis ich taeglich (teilweise gezwungenermassen) lebensmittel wegwerfen muss. bio-obst aber auch zwiebeln, selbst zitronen mit druckstellen oder schlechter lagerung sind nach 1-2 tagen hin, wenn man sie nicht kuehl genug aufbewahrt.

  5. Tja,
    es ist wie immer mit den Durchschnitts- oder summa-summarum-Angaben (und dazu: wohl kaum exakt gemessen): die Daten reichen zum Erschrecken des Publikums. Vorrangig müßte doch mal adddiert werden, was in den Geschäften, den Bäckereien, den Groß-Märkten, in den Anlandungshäfen alles vernichtet wird – i.d.R. aus ökonomischen Gründen. Damit hat der Verbraucher nicht allzuviel zu tun – abgesehen davon, daß der Verbraucher nicht sollte erwarten können, gegen 18.30 Uhr noch ein volles Brot- und Brötchenregal vorzufinden: das ist purer Hochmut.
    Meine Frau und ich (74/68) schmeißen so gut wir garnix weg: mal ist eine Weintraube nicht mehr in Ordnung, mal hat ein zuviel eingekaufter Apfel das Zeitliche gesegnet. Wir kaufen zweimal die Woche auf dem Markt ein: Obst, Gemüse, Käse, Wurst, wenig Fleisch. Das sind überschaubare Mengen, kein Kunststück, das beim Einkauf zu kalkulieren als Bedarf für die nächste Halb-Woche. Ansonsten pingelige Sauberkeit in den Küchenschränken (Dosen!) und im Kühlschrank: meine Frau ist da sehr genau.
    Im Übrigen: ich kenne noch die schlechte Zeit, als ein ganzer Kanten Brot etwas ganz Besonderes war. Deshalb: Essen wegschmeißen ist eine Sünde. Wenn ich diesen Ausdruck mal gebrauchen darf…
    Ehrensache: wir ernähren uns sehr gesund – und nur mit Lebensmitteln und Gerichten, die wunderbar schmecken. Meistens besser als im Lokal. Dank meiner Frau.

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