Auch Tote sollten vom Mindestlohn ausgenommen werden

Noch ganz schnell, bevor ich in den Urlaub starte, ein schneller Blogtext – denn ich denke, dieses Thema sollte nicht untergehen. Der flächendeckende Mindestlohn war ein zentrales Wahlversprechen der SPD, und er hat weiterhin das Potenzial, dieses Land zu verändern. Zum Positiven, hoffe ich, denn ein solcher Mindestlohn ist auf jeden Fall ein starkes Signal gegen Lohndumping. Die Frage ist natürlich, wie er ausgestaltet wird. Zunächst gab es viele Spekulationen über Ausnahmen. Jetzt heißt es: „Nur Jugendliche unter 18, Ehrenamtliche und Langzeitarbeitslose sollen ausgenommen werden.“

Man stutzt kurz und fragt sich: Was, Ehrenamtliche sollen keinen Mindestlohn bekommen? Und dann kommen die Leserbriefe.

Rasmus Ph. Helt aus Hamburg meint:

„Die Argumentation von Stefan Sauer kann nicht überzeugen. Denn erstens liegt ein Stundenlohn von 8,50 Euro Brutto nicht unbedingt über dem, was man umgerechnet als Zeitungsausträger bereits vor über 20 Jahren als Schüler oder Student erhalten hat. Und zweitens geht es bei einem Thema wie dem Mindestlohn weniger um eine rein ökonomische als vielmehr ethische Frage. Da sich ohne eine angemessene Wertschätzung des Faktors Arbeit, wie man es etwa beim modernen Lohnsklaventum mit osteuropäischen Beschäftigten in Deutschland sehr deutlich beobachten kann, die Moral vieler Unternehmer wieder zurück ins 19. Jahrhundert bewegt. Weswegen der einzige Vorwurf, den man Andrea Nahles höchstens machen kann, darin liegt, dass in ihrer künftigen Kommission mit den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden ausgerechnet zwei Akteure sitzen, die beide auf Grund ihrer gemeinsamen Aushebelung der Equal-Pay-Richtlinie der EU alles andere als glaubwürdige Anwälte von Niedriglöhnern sind!“

Und Roland Klose aus Bad Fredeburg spottet:

„GroKo, übernehmen Sie. Ihr Fall: der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn für ganz Deutschland ab 2015 in Höhe von 8,50 Euro. So trafen sich die drei Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD, Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel, bezüglich möglicher Ausnahmen und Einigung zu einem GroKo-Gipfeltreffen in der Waschmaschine (Bundeskanzlerinamt) in Berlin. Dabei wurden alle Argumente weichgespült und wieder und wieder durchgewaschen: bei 30, 60 und 90 Grad. Heraus kam eine Einigung auf nur wenige Ausnahmen. Verlierer war eindeutig Horst Seehofer, dessen CSU bei den Kommunalwahlen in Bayern das schlechteste Ergebnis seit 1960 erzielte, weil er mehr Ausnahmen beim Mindestlohn wollte. Die beMERKE(L)nswerteste Ausnahme ist jedoch: Ehrenamtliche erhalten keinen gesetzlichen Mindestlohn. Wäre ich nie drauf gekommen. Im Übrigen, deshalb heißen sie Ehrenamtliche, weil sie ehrenamtlich arbeiten. Ich hätte daher die Palette der Ausnahmen noch weiter ausgedehnt. Beispiele: Nachbarschaftshelfer, Schwarzarbeiter, Tote und illegal Beschäftigte erhalten ebenfalls keinen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Warum sind diese Berufsgruppen von der GroKo (GroKo = Großes Kotzen) nur vergessen worden?“

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3 Kommentare zu “Auch Tote sollten vom Mindestlohn ausgenommen werden

  1. Ich bin mal gespannt wie man den Mindestlohn durchsetzen will. Es wir nicht reichen ihn zu beschließen. Man wird ihn auch durchsetzten müssen. Wenn das geschieht wird der Mindestlohn eine Erfolgsgeschichte. Davon bin ich überzeugt. Leute die bisher weniger verdienen werden das mehr an Geld auch zu 100 % ausgeben und das ist das beste was passieren kann.

  2. Jegliche wie auch immer verfasste Lohnuntergrenze in der Form eines Mindestlohns hat stets zur Voraussetzung, dass die zuvor erbrachte Arbeitsleistung in derselben Weise im Mindesten wissenschaftlich nicht mehr revidiert werden kann. Als Arbeitgeber Entgelt für die schiere Unzahl von davon abweichenden Tätigkeiten von deshalb fälschlich so bezeichneten Arbeitnehmern zu bezahlen, wirft somit die eigenen Gelder gleichsam aus vollen Händen zum Fenster hinaus und gerät dadurch zu einem Fall, für den ausschließlich Vormundschaftsgerichte zuständig sind. Wie angesichts dessen eine Debatte um vermeintliches „Lohndumping“ geführt werden kann, erschließt sich daher einzig Eingeweihten und äußert insofern einen unter den sonst üblichen Umständen nicht nachvollziehbaren Hang zur Esoterik.

  3. Das Thema hat einen weiteren Kommentar verdient.Einen Mindestlohn einzuführen steht jeder Industrienation gut an. Wer diesen Lohn nicht zahlen kann, gehört nicht mehr zu den Mitbewerbern. Ist doch auch eine „Auslese“ der Marktwirtschaft…

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